Treibhausgasneutralität und Klimaziele: Herausforderungen und Lösungsideen
Am 3. Juli 2024 veranstaltete die Agentur für kommunalen Klimaschutz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) einen Fachaustausch zum Thema Treibhausgasneutralität mit BISKO.
Viele Kommunen haben sich engagierte Ziele gesetzt, bis wann sie die Treibhausgasneutralität (THG-Neutralität) erreichen wollen. Fortschritte auf dem Weg dahin können mithilfe der Bilanzierungssystematik Kommunal (BISKO) in THG-Bilanzen dargestellt werden.
Um die Herausforderungen beim Erreichen kommunaler THG-Neutralitätsziele – insbesondere vor 2045 – und deren Darstellung in der THG-Bilanzierung nach BISKO zu adressieren und Lösungsansätze aufzuzeigen, lud die Agentur für kommunalen Klimaschutz (Agentur) Landesenergieagenturen und ausgewählte Kommunen zu einem Fachaustausch ein.
Grundsätzlich ist die Energie- und THG-Bilanz ein wichtiges Monitoring-Instrument für die Klimaschutzarbeit von Kommunen. BISKO ist die methodische Grundlage für die Erstellung kommunaler THG-Bilanzen und in den gängigen Bilanzierungstools hinterlegt. Der Standard wird seitens der Agentur empfohlen, um die Vergleichbarkeit der Bilanzen verschiedener Kommunen zu gewährleisten.
Ein gemeinsames Verständnis des Ziels ist wichtig
Beim Austausch wurde deutlich, dass ein einheitliches Verständnis des Begriffs „THG-Neutralität“ von Verwaltung, Kommunalpolitik und Zivilgesellschaft die Basis für dessen erfolgreiche Umsetzung ist. Häufig werden die Begriffe THG- und Klimaneutralität synonym verwendet – der Begriff Klimaneutralität ist jedoch umfassender als der Begriff THG-Neutralität. So müssen im Falle der Klimaneutralität unter anderem auch Effekte von klimawirksamen Veränderungen von Boden und Oberflächen, beispielweise Versiegelungen, mit einbezogen werden. Auf kommunaler Ebene ist dies nur schwer möglich, weshalb Kommunen empfohlen wird, ihren Fokus auf die THG-Neutralität zu richten.
THG-Neutralität vor 2045 mit BISKO aktuell nicht erreichbar
Im Fokus der Veranstaltung stand die Herausforderung, dass die meisten Kommunen derzeit die THG-Neutralität bei einer Bilanzierung mit BISKO rechnerisch nicht erreichen können. Auch in Zukunft werden unvermeidbare THG-Emissionen, wie beispielsweise bei der Zementherstellung, entstehen. Für die THG-Neutralität bräuchte die Kommune Ausgleiche dieser Emissionen in Form natürlicher Senken wie Moore und Wälder. BISKO berücksichtigt solche Senken und andere nicht-energetische THG-Emissionen bislang jedoch nicht. Zudem besteht in Kommunen die Herausforderung, dass Senken und unvermeidbare THG-Emissionen nicht homogen verteilt sind: Viele, speziell urbane, Kommunen werden deshalb auch nach einer möglichen Erweiterung von BISKO um nicht-energetische THG-Emissionen und Senken keine THG-Neutralität auf ihrem Territorium erreichen können.
Bei vorgezogenen Zielen besteht zudem die Problematik, dass im Verkehrsbereich oder beim Bundesstrommix die Ziele auf 2045 ausgelegt sind, was sich in den für die Bilanzierung zu verwendenden Werten zeigt. Auch aufgrund dieser Werte können Kommunen vorgezogene Ziele in der Bilanz nicht erreichen.
Umsetzung aller kommunalen Potenziale notwendig
Im Bundes-Klimaschutzgesetz ist die THG-Neutralität im Jahr 2045 vorgesehen. Dieses Mindestziel gilt damit auch für Kommunen. Die Teilnehmenden des Fachaustauschs betonten, wie wichtig die Sensibilisierung von Verwaltung und Kommunalpolitik für eine möglichst zeitnahe Umsetzung von Maßnahmen ist.
Zentrale Voraussetzung für das Erreichen der THG-Neutralität ist dabei, dass jede Kommune ihr maximales Potenzial an THG-Einsparmöglichkeiten ausschöpft. Dies beinhaltet auch Bereiche, die in einer BISKO-Bilanz aktuell noch nicht unmittelbar sichtbar sind, wie der Ausbau erneuerbarer Energien im Strombereich. Auch wenn natürliche Senken derzeit beim BISKO-Standard nicht bilanziert werden können, ist es sinnvoll, bereits jetzt zu prüfen, in welchem Zustand Wälder und Moore im Gebiet der Kommune sind und inwiefern Verbesserungsbedarf besteht.
Kommunen sollten darüber hinaus gerade in Handlungsbereichen sofort aktiv werden, die sie unmittelbar beeinflussen können. Dazu zählen der eigene Energieverbrauch und die kommunalen Versorgungsangebote. Konkrete Beispiele sind die Sanierung von kommunalen Gebäuden, die Umstellung des Fuhrparks auf E-Mobilität oder die Dekarbonisierung von Wärmenetzen, wenn eigene Stadtwerke die Wärmeversorgung betreiben. Auch Beratungsangebote –zum Beispiel im Bereich Energieeinsparung – für Privatpersonen und Unternehmen können dazu beitragen, THG-Minderungsmöglichkeiten auszuschöpfen.
Klimaschutzziele differenzierter formulieren
Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die THG-Neutralität nur eines von mehreren langfristigen Klimaschutzzielen sein sollte. Als ein möglicher Lösungsansatz, um laufende Bestrebungen in der Kommunikation sichtbar zu machen, wurde die Festlegung von spezifischen Sektorzielen betrachtet. So werden Zwischenerfolge erkennbar. Obwohl vorgezogene THG-Neutralitätsziele, beispielsweise bis 2030, kaum erreichbar sind, muss gegenüber der Politik und Zivilgesellschaft deutlich gemacht werden, dass sich die Kommune auf dem Weg dorthin befindet. Ein möglicher Ansatz, um diese komplexen Ziele einfach zu kommunizieren, könnte ein Label sein.
Bei Fragen zum Thema THG-Bilanzierung und BISKO berät Sie gerne das Team der Agentur für kommunalen Klimaschutz – Informationen dazu gibt es hier.