B.A.U.M. Zukunftsfonds - Pilotprojekt in drei Kommunen
Pilotprojekt in drei Kommunen
Projektnehmer
Bundesdeutscher Arbeitskreis für umweltbewußtes Management (B.A.U.M.) e.V.
Projektlaufzeit
01.10.2013 bis
30.04.2016
Projektkontakt
Fördersumme
650.831 Euro
Förderkennzeichen
03KSF036
Förderprogramm
Genossenschaftlich effizient
Energieeffizienz ist der schlafende Riese im Klimaschutz. Innovative Finanzierungs- und Organisationsmodelle können dazu beitragen, regionale CO2-Einsparpotenziale zu heben.
Auf einen Blick
Sowohl Unternehmen als auch Kommunen fehlen häufig die finanziellen Mittel, die Zeit und das technische Wissen, um Investitionen in Energieeffizienz zu tätigen. Mit dem Projekt Zukunftsfonds erprobte der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e.V. eine neue Methode, privates Kapital für Energie- und CO2-Einsparungen in Kommunen, Betrieben und Privathaushalte zu mobilisieren: Innovative Regionale EnergieEffizienzGenossenschaften (REEG), die sich am Vorbild der Bürgerenergiegenossenschaften orientieren, sollen im neuen Modell Energieeffizienzdienstleistungen anbieten und Projekte realisieren. Das notwendige Kapital stammt aus genossenschaftlichen Darlehen, die Umsetzung erfolgt mit regionalen Handwerksbetrieben, die Rückzahlung erfolgt über die Erlöse aus den Einsparungen. Der Landkreis Berchtesgadener Land, die Stadt Norderstedt und die Stadt Aachen erprobten das Modell als Pilotkommunen. Die Erfahrungen aus den Pilotprojekten hielt B.A.U.M. e.V. in zwei Projektbroschüren fest, die zur Nachahmung anregen sollen.
Regionale Erprobung eines Modells
Ziel und Kernaufgabe des Projektes war es, das theoretisch ausformulierte Modell der Zukunftsanleihe von Maximilian Gege auf regionaler Ebene praktisch umzusetzen und zu verfeinern. Das Konzept der Zukunftsanleihe sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen finanzieren, in dem sie privates Kapital bereitstellen.
Um dies zu erreichen, vereinte das Projektteam vier bestehende Einzelkomponenten. Den von B.A.U.M. e.V. entwickelten Zukunftsfonds, bei dem private Anlegerinnen und Anleger Geld für Energieeffizienzmaßnahmen bereitstellen, kombinierte das Team mit dem Modell der Energie-Genossenschaften. Die Bürgerinnen und Bürger erwerben mit einer Einlage Genossenschaftsanteile und stellen somit sogenannte Mezzanine-Darlehen zur Verfügung, die mit einem festen Zinssatz verzinst werden. Die Verträge zwischen Kundinnen und Kunden und der Genossenschaft basieren wiederum auf dem Modell des Energieeinspar-Contractings, bei dem ein Dienstleistungsbetrieb die Umsetzung technischer Maßnahmen plant und umsetzt und diese über die Erlöse aus den eingesparten Energiekosten refinanziert.
Schließlich übertrug das Projektteam das neu entstandene Modell der Energieeffizienzgenossenschaft auf die Regionsebene – Anlegerinnen und Anleger können in Projekte vor ihrer Haustür investieren, zur Umsetzung engagiert die Genossenschaft regionale Betriebe. So entstand das integrierte Modell der Regionalen EnergieEffizienzGenossenschaft (REEG).
Dann galt es, eine REEG in drei Pilotkommunen als bürgergetragenen Energiedienstleister zu etablieren, machbare Energieeffizienzprojekte in Unternehmen, Kommunen und anderen Einrichtungen zu identifizieren und Musterbeispiele mit regionalen Partnerinnen und Partnern umzusetzen. Nach diesem Testlauf sollte das Modell dann bundesweit Anwendung finden.
Funktionsprinzip einer REEG
Die REEG ist eine Form der Genossenschaft, in der sich unterschiedliche Akteurinnen und Akteure wie Banken, Privatanlegerinnen und -anleger oder regionale Unternehmen zusammenschließen, um Energieeffizienzdienstleistungen in den Markt zu bringen. Ihre Investitionsobjekte und damit „Kundinnen und Kunden“ sind vorzugsweise kleine und mittlere Unternehmen einer Kommune oder Region, denen bisher die technische Expertise und finanzielle Mittel für Investitionen in Energieeinsparmaßnahmen fehlten. Die REEG macht es ihnen leicht und bietet alles aus einer Hand in einem Rundum-Paket: Beratung, qualifizierte Umsetzung und Einbau durch Handwerkerinnen und Handwerker und die Finanzierung. Die Genossenschaft stellt das nötige Kapital – bei einer Rendite zwischen drei bis fünf Prozent für ihre Mitglieder. Die Refinanzierung erfolgt komplett aus den erzielten Energieeinsparungen. Nach Ablauf ihrer gebührenpflichtigen Vertragslaufzeit genießen die Kundinnen und Kunden der REEG die volle Einsparung – beispielsweise aus einer neuen Beleuchtung – selbst.
Projektverlauf
Zur Erprobung des REEG-Modells wählte B.A.U.M. e.V. aus 47 Bewerbungen drei Kommunen aus: die Städte Aachen und Norderstedt sowie den Landkreis Berchtesgadener Land. Sie waren strukturell so unterschiedlich, dass ihre Erfahrungen Tipps zur Nachahmung für die breite Masse an Kommunen liefern konnten. Gleichzeitig waren alle im Umwelt- und Klimaschutz besonders aktiv. Aachen verfügte unter anderem seit 1993 über ein Energiekonzept, in Berchtesgaden gab es ein integriertes Klimaschutzkonzept und Norderstedt konnte stolz auf über 50 Auszeichnungen in Sachen Nachhaltigkeit sein.
Der Plan war, in jeder der drei Pilotkommunen eine lokale REEG zu gründen und bei den Mitgliedern die Mittel zur Durchführung von Effizienzinvestitionen einzusammeln. Notwendig für die Funktionsfähigkeit der neuen Genossenschaftsform war außerdem die erfolgreiche Projektakquise. In allen drei Kommunen unterstützte B.A.U.M. e.V. eine Arbeitsgruppe vor Ort bei der Identifizierung, Priorisierung und Prüfung geeigneter Energieeffizienzmaßnahmen. Als die potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten feststanden, führte dies jedoch nicht in jedem Fall zur Etablierung einer eigenständigen REEG.
Erfahrungen in drei Städten
In Aachen konnte innerhalb der Projektlaufzeit keine REEG etabliert werden. Ein Grund war, dass die Gründungsgruppe der Genossenschaft schon für die Gründung vertragsreife Energieeffizienzprojekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt mindestens 1,5 Millionen Euro anstrebte. Die Gründung sollte nach der erfolgreichen Akquise im April 2015 erfolgen. Nachdem die Gruppe das angestrebte Projektvolumen auch ein halbes Jahr später noch nicht erfolgreich akquiriert hatte, sah sie von einer Gründung im Rahmen des Projektes ab. Die Stadt Aachen wollte die Gründung einer REEG nach Projektende aber selbständig weiterverfolgen.
In Norderstedt gelang die REEG-Gründung - unter Beteiligung der Stadtverwaltung, der örtlichen Entwicklungsgesellschaft, der Volksbank sowie vieler weiterer Bürgerinnen und Bürger und Funktionsträgerinnen und Funktionsträger. Aus 42 identifizierten Maßnahmen wurde aber nur ein Projekt auch umgesetzt. Sechs weitere bereitete die REEG bis zum Projektende im Oktober 2016 vertragsreif vor.
„Das Projekt passt genau zu unserem Anspruch eine klimaneutrale Stadt zu werden. […] Denn als Stadt können wir zwar für die Energieeffizienz unserer eigenen Gebäude und Einrichtungen sorgen. Aber wir haben kaum eine Möglichkeit, die Entwicklung in den Unternehmen oder in den Privathaushalten zu lenken." Herbert Brüning, Leiter des Amts Nachhaltiges Norderstedt
Im Berchtesgadener Land empfahl die Bürgermeisterversammlung des Landkreises anstatt einer Neugründung die Erweiterung der bestehenden Solarenergiegenossenschaft VR Energiegenossenschaft Oberbayern Südost e.G. um das neue Geschäftsfeld Energieeffizienz. Das bot sich an, da die bestehende Genossenschaft bereits bekannt war und aufgrund des Einbruchs des Geschäftsfelds Solaranlagen neue Geschäftsbereiche benötigte. Eine solche Andock-Variante war in dieser Form nicht vorgesehen, und daher entwickelte B.A.U.M. e.V. eine neue Art der Zusammenarbeit zwischen der Kommune und der bestehenden Genossenschaft.
Das Ergebnis erbrachte aber schon während der Projektlaufzeit acht Effizienzmaßnahmen – vom Spanungsregler in verschiedenen Bankfilialen bis hin zur LED-Beleuchtung bei einem Unternehmen.
Das bayerische Innenministerium fand sogar eine innovative Lösung für das generelle Problem, dass Energieeinspar-Contracting als kreditähnliches Rechtsgeschäft gilt. Das Ministerium bestimmte, dass die im Rahmen des REEG-Modells durchgeführten Investitionen dann als sogenannte rentierliche Investitionen (und nicht als Kredit) gelten, wenn der Zeitpunkt der Amortisation innerhalb der vertraglich garantierten Lebensdauer der neu beschafften Anlage liegt.
Ausgezeichnet!
Mit intensiver Pressebetreuung sowie drei Videoclips machte B.A.U.M e.V. das Projekt bundesweit bekannt. Zusätzlich zu den positiven Reaktionen in der Presse zeigte sich auch der bundesweite Innovationswettbewerb Land der Ideen 2014 begeistert und zeichnete REEG aus. Zur umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit gehörte auch der zweiteilige Endbericht, der einen Leitfaden zur Etablierung weiterer REEG liefert.
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Was sollte das Projekt erreichen?
Das Projekt beabsichtigte die Gründung von regionalen Energieeffizienzgenossenschaften (REEG) in drei Pilotkommunen nach dem Modell von Professor Doktor Maximilian Gege, die die Komponenten Zukunftsfonds, Genossenschaft und Einspar-Contracting mit dem Regionalprinzip verbinden sollten.
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Was hat das Projekt erreicht?
Das Projekt erreichte die Neugründung der Energiegenossenschaft in Norderstedt, Vorbereitungen zur Gründung der Energiegenossenschaften in der Stadt Aachen und Geschäftsfelderweiterung der bestehenden Energiegenossenschaft Oberbayern Südost e.G. im Landkreis Berchtesgadener Land.
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Wie ging es weiter?
Die im Projekt erstellten Materialien, die die Gründung einer REEG unterstützen, sind auf der Projektseite unter dem Link www.reeg-info.de/downloads kostenlos verfügbar.
Beitrag zum Klimaschutz
Durch gezielte Maßnahmen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind laut dem Projektteam pro Betrieb im Durchschnitt Einsparungen von über 40.000 Euro und 145 Tonnen CO2 bei Investitionen von 125.000 Euro möglich. Obwohl bereits einzelne Maßnahmen umgesetzt und Voraussetzungen für spätere CO2-Vermeidung geschaffen wurden, ist die exakte Anzahl eingesparter Tonnen CO2 während der Projektlaufzeit nicht bekannt.
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Checkliste der Erfolgsfaktoren
- Potenzielle Kundinnen und Kunden und Technikpartnerinnen und -partner über das neue Geschäftsmodell individuell informieren und beraten;
- vor der Gründung einer Genossenschaft Akquiseideen sammeln;
- Möglichkeit prüfen, neuen Geschäftsbereich Energieeffizienz an bestehende Energiegenossenschaften anzudocken;
- Kundinnen und Kunden differenziert betrachten, um die Machbarkeit abzuschätzen.
Tipps und Tricks für interessierte Institutionen
Ein Großteil der deutschen Kommunen hat das Instrument Energieeinspar-Contracting noch nicht entdeckt. Das REEG-Modell bietet sich hier als Einstieg an. Es ist gezielt für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern konzipiert und setzt auf die Umsetzung von Maßnahmen durch heimische Firmen. Die Kapitalzinsen bleiben in der Region. Besonders interessant ist das Konzept für Kommunen, die ein bereits entwickeltes Klimaschutzprogramm umsetzen wollen. Im Regelfall initiiert die Kommune die REEG, die Genossenschaftsmitglieder können vor allem Bürgerinnen und Bürger aber auch Betriebe, Vereine oder Stiftungen sein. Als mögliche Kundinnen und Kunden sind neben der Kommune selbst vor allem KMU ideal, aber auch kirchliche Einrichtungen und Vereine.
Das Geschäftsmodell
Bei der Projektakquise selbst gilt es einige Hürden zu berücksichtigen. Genossenschaftliches Einspar-Contracting als neues Geschäftsmodell und Outsourcing-Möglichkeit für betriebliche beziehungsweise kommunale Energieeffizienzmaßnahmen ist noch weitgehend unbekannt. Es braucht extra Geduld, um Verständnis und Akzeptanz für dieses neuartige Energiedienstleistungsangebot zu schaffen.
Das Henne-Ei-Problem
Die Gründung einer REEG hat sich in den Pilotkommunen als kompliziert erwiesen, solange keine zur Umsetzung beauftragten Energieeffizienz-Projekte vorlagen. Um andererseits Aufträge ernsthaft akquirieren zu können, bedarf es einer bereits vorhandenen REEG mit verbindlichen vom Vorstand festgelegten Konditionen und mit Mitgliedern, die Kapital bereitstellen können. Als gangbare, niedrigschwellige Lösung für die Etablierung einer REEG erwies sich deshalb das Aufsatteln auf bestehende Energiegenossenschaften. Für eigenständige REEG empfiehlt das Projektteam, eine hauptamtliche Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer von Beginn an zu beschäftigen.
Das praktische Geschäft einer REEG
Das praktische Geschäft einer REEG gliedert sich in die vier Phasen Machbarkeitscheck, Angebotserstellung, Projektumsetzung und Vertragsphase, die jeweils ihre spezifischen Herausforderungen mit sich bringen. Der Machbarkeitscheck beginnt mit der Kundenunterscheidung. Kommunen unterliegen anderen rechtlichen Regelungen als Unternehmen. Eine Bonitätsanalyse von Privatkunden wie Betrieben und Vereinen ist unbedingt notwendig! Erst danach folgt eine Maßnahmenidentifizierung, die der von B.A.U.M. e.V. online zur Verfügung gestellten Katalog erleichtert. Ebenfalls online erhältlich sind die EXCEL-basierten Werkzeuge für die eigentliche Machbarkeitsabschätzung.
In der Phase der Angebotserstellung wählt die REEG vorrangig regionale Handwerkerinnen und Handwerker zur Maßnahmenumsetzung aus. Sie müssen verbindlich zusagen, dass sie zur Übernahme einer CO2-Einspargarantie bereit sind, welche die REEG an den Kundinnen und Kunden weiterreichen kann. Dies ist für Handwerksbetriebe eine ungewohnte Vorgehensweise und erfordert deshalb Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit durch die REEG.
In zwei nächsten Schritten erfolgen die Berechnung der Contracting-Rate und die Erstellung des Energie-Einspargarantie-Vertrags. Der entscheidende Vorteil für die Kundinnen und Kunden ist, dass die Umsetzung der Maßnahmen bilanz- beziehungsweise haushaltsneutral erfolgen kann. Das heißt, die Maßnahmen werden komplett über die REEG finanziert und vorhandene Investitionsmittel verbleiben dem Unternehmen für das Kerngeschäft und der Kommunen für andere Aufgaben der Daseinsvorsorge.
In Phase drei überwacht die REEG die technische Maßnahmenumsetzung durch die Technikpartnerinnen und -partner. In Phase vier, der Vertragslaufzeit, gewährleistet die REEG die Garantieeinsparung. Am Ende dieser Periode gehen die Anlagen in das Eigentum der Kundinnen und Kunden über. Eine detaillierte Anleitung für die Gründung der Genossenschaft und Tipps für jede Phase liefert allen Interessierten der zweite Teil des Projektberichts, der Leitfaden zur Etablierung einer REEG.
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