Integra_et_Klima - Klimaschutz als Strategie zur Förderung der Integration von Migrant_innen
Klimaschutz als Strategie zur Förderung der Integration von Migrant_innen
Projektnehmer
Fachhochschule Dortmund
Projektlaufzeit
01.01.2015 bis
31.12.2017
Projektkontakt
Fördersumme
591.397 Euro
Förderkennzeichen
03KF0012A/B/C
Förderprogramm
Klimaschutz integrieren
Sprachkenntnisse lassen sich einfacher vermitteln, wenn Lerninhalte nicht abstrakt, sondern alltagsbezogen sind. Klimaschutzthemen bieten sich hier an.
Auf einen Blick
Immer mehr Menschen in Deutschland nehmen im Laufe ihres Lebens an integrations- und berufsbezogenen Deutschkursen teil. Gleichzeitig schlagen sich ihre teilweise unterschiedlichen Lebensgewohnheiten in einem anderen Klimaschutzbewusstsein nieder. Klimaschutzprojekte schenkten dieser Zielgruppe bisher allerdings nur wenig Aufmerksamkeit. Daher rief die Fachhochschule Dortmund zusammen mit dem ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH und dem Multikulturellen Forum e.V. das Projekt Integra_et_Klima ins Leben. Die Projektpartnerinnen und -partner erforschten, wie klimaschutzbezogenes Verhalten gezielt in integrations- und berufsbezogenen Sprachkursen vermittelt werden kann. Dazu entwickelten sie Lehrmaterialien, die sie in zwei Phasen erprobten, evaluierten und optimierten. Zusätzlich zeigten drei Kampagnen, wie das Thema Klimaschutz mit dem Erwerb der deutschen Sprache kreativ verknüpft werden kann.
Klimaschutz als fester Bestandteil der Integrationsarbeit
Deutschland kann seine Klimaschutzziele nur erreichen, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen dabei mitwirken. Mit der Integration von Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsthemen in Sprachkurse für Migrantinnen und Migranten verfolgten die Fachhochschule Dortmund, die ifeu GmbH und das Multikulturelle Forum e.V. das Ziel, klimaschonendes Verhalten in dieser Zielgruppe zu stärken beziehungsweise überhaupt erst zu ermöglichen. Die Migrantenselbstorganisationen Yeşil Çember – ökologisch interkulturell gGmbH und Migranten für Agenda 21 e.V. unterstützten das Projektteam im Anschluss an die Entwicklung der Lehrmaterialien bei der praktischen Umsetzung in der Pilotregion Rhein-Lippe-Ruhr sowie weiteren sieben Städten in der Transferphase.
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Was sollte das Projekt erreichen?
- Vermittlung klimaschutzbezogener Kompetenzen an Migrantinnen und Migranten;
- Entwicklung von klimaschutzbezogenen Lehrmaterialien für integrationsbezogene Sprachkurse;
- Erprobung und begleitende Evaluierung des Lehrmaterials anhand von Pilotkursen in Lünen, Hamm, Bergkamen und Düsseldorf;
- Finalisierung des Lehrmaterials in der Transferphase in drei deutschen Großstädten;
- Durchführung von zwei Schulungen für circa 20 Dozierende in der Pilotregion und weiteren Schulungen von Dozierenden in den drei deutschen Großstädten;
- Durchführung von Kampagnen mit Hilfe von Partnerorganisationen;
- Veröffentlichung der Lehrmaterialien.
Lehrmaterialien mit Alltagsbezug
Im Rahmen des Projektes verknüpften die Projektpartnerinnen und -partner Klimaschutz mit dem Lernen einer neuen Sprache und berufsqualifizierenden Maßnahmen. Neben grundlegenden Kenntnissen zum Klimawandel sollten die entwickelten Lehrmaterialien auch Handlungsalternativen vermitteln, die im Alltag einfach und selbstständig umgesetzt werden können. Zu Beginn entwickelte das Projektteam dazu Unterrichtsmaterialien in den fünf Bereichen Klimawandel, Unterwegs, Essen und Trinken, Wohnen und Arbeiten und Konsum für den Einsatz in unterschiedlichen Kursformen.
Begleitende Evaluierung
Speziell geschulte Dozentinnen und Dozenten erprobten die entwickelten Materialien in 18 Sprachkursen in der Region Rhein-Lippe-Ruhr. Mittels eines Fragebogens in elf Sprachen und einer statistischen Auswertung der Ergebnisse untersuchte das Projektteam, ob die Materialien den gewünschten Effekt erzielten. Auf Basis der Ergebnisse der ersten Befragung in der Pilotphase überarbeitete das Team die Materialien und setzte sie anschließend in der Transferphase in zwölf weiteren Kursen in sieben Städten erneut ein. Nach dieser zweiten Optimierungsphase spiegelten die Materialien die gesammelten Anregungen der Sprachkursteilnehmenden und der Lehrkräfte wieder. Die finale Version fassten die Projektpartnerinnen und Projektpartner in einem Modulhandbuch zusammen, das Dozierende leicht in ihren Arbeitsalltag einbetten können.
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Was hat das Projekt erreicht?
- Entwicklung von Lehrmaterialien für Anbieterinnen und Anbieter von Sprachkursen zu Lernmodulen in den Bereichen Basiswissen Klimawandel, Wohnen, Mobilität, Ernährung, Arbeit und Konsum;
- Schulung von 27 Dozierenden in acht Terminen in der Pilotphase und weiteren Dozierenden in elf Schulungen in der Transferphase;
- Erprobung der Lehrmaterialien in 18 Sprachkursen in Lünen, Hamm, Bergkamen und Düsseldorf in der Pilotphase;
- Ausweitung auf 29 Kurse in sieben Städten in der Transferphase;
- Einarbeitung der Evaluationsergebnisse und Veröffentlichung der Modulbücher.
Messbare Veränderungen
Mit dem eingesetzten Fragebogen untersuchten die Projektpartnerinnen und -partner klimabezogenes Wissen, Einstellungen und umweltrelevantes Verhalten der Teilnehmenden und wie sich die Unterrichtsmaterialien darauf auswirkten. Dieselbe Befragung führten sie jeweils in Sprachkursen durch, in denen die Module nicht zum Einsatz kamen. So konnten sie testen, ob gemessene Veränderungen tatsächlich auf die Lehrmaterialien zurückzuführen waren.
In der ersten Erhebung stellte das Projektteam fest, dass sich die Materialien positiv auf den Wissensstand in den vermittelten Themen auswirkten. Zudem führten sie zu Veränderungen in den Einstellungen und Absichten der Teilnehmenden, also zum Beispiel zu der Absicht, sich klimafreundlicher zu ernähren. Auch einige konkrete Veränderungen in Richtung klimafreundliches Verhalten konnte der Fragebogen messen. Beispielsweise achteten die Kursteilnehmenden vermehrt darauf, nachts die Heizung runterzudrehen oder sie auszumachen.
Die zweite Befragung, die in der Transferphase stattfand, zeigte, dass die Materialien im Vergleich zur Pilotphase zu noch deutlicheren Veränderungen in allen drei Bereichen – Wissen, Einstellungen und Verhalten – führten.
Aktionsreiche Kampagnen
Die drei migrantischen Organisationen führten ergänzend drei Klimaschutzkampagnen für Migrantinnen und Migranten mit direktem Bezug zum Spracherwerb durch. Diese zeigten auf unterschiedliche Art die vielfältigen Möglichkeiten, Klimaschutz mit dem Erlernen der deutschen Sprache zu verbinden.
Im Rahmen der ersten Kampagne organisierte Yeşil Çember einen Klimatag in der deutsch-türkischen Aziz-Nesin-Grundschule in Berlin. Dieser stieß auf großes Interesse von Kindern, Lehrkräften und Eltern. Auch entstand im Rahmen der Kampagne in Zusammenarbeit mit den Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften der Grundschule ein bilinguales Umweltwörterbuch. Es ist besonders für Lehrkräfte interessant, die mit türkischstämmigen Kindern und Jugendlichen arbeiten. In Zukunft soll das Thema Klimaschutz auch im Rahmen einer AG im Fokus der Schule bleiben. Auch will die Schule nach der Beratung durch das Projektteam ihre eigene Klimabilanz verbessern und beispielsweise auf Recyclingpapier und Ökostrom umstellen. Ziel ist es, sich in den kommenden Jahren als „Umweltschule in Europa“ zu bewerben.
In Hannover organisierte Migranten für Agenda 21 e.V. einen Sprachwettbewerb zum Thema Klimaschutz, bei dem die Teilnehmenden ein Quiz ausfüllen sowie einen Essay einreichen mussten. Im Vorfeld des Wettbewerbs bot der Verein zusätzlich verschiedene Aktionen und Informationsveranstaltungen an, um auf das Thema Klimaschutz aufmerksam zu machen und auf den Wettbewerb hinzuweisen. Hier führte das Team beispielsweise einen Fahrrad-Check durch und organisierte eine Fahrradtour zu einem Biobauernhof.
Der Verein nutzt das Quiz, das im Rahmen des Sprachwettbewerbs verwendet wurde, auch weiter in der umweltschutzbezogenen Integrationsarbeit und plant ähnliche Aktionen wie den Sprachwettbewerb.
In Lünen bei Dortmund realisierte das Multikulturelle Forum e.V. im Rahmen der dritten Kampagne unter dem Titel „Klimaschutz auf Tour“ verschiedene klimaschutzbezogene Aktionen und Exkursionen. Gemeinsam mit dem ADFC Lünen ging es beispielsweise auf eine Fahrradtour in die Umgebung und bei der Entdeckungstour im Cappenberger Wald erfuhren die Teilnehmenden mehr zum Thema Naturkreisläufe und Kompostierung. Die Angebote standen Sprachkursteilnehmenden aber auch deren Bekannten und Verwandten offen.
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Wie ging es weiter?
Dozentinnen und Dozenten können die Unterrichtsmaterialien kostenlos unter https://www.oekom.de/beilagen/bildung‑kommunikation/bildungkommunikation/broschuere/75.html herunterladen. Das Umweltwörterbuch steht unter http://yesilcember.eu/wp‑content/uploads/2017/07/Umwelt‑Woerterbuch_TR_DE_PDF.pdf zum Download zur Verfügung. Auch wurde das Projekt Teil der KlimaExpo.NRW, die im Namen der NRW-Landesregierung innovative Projekte einem breiten Publikum präsentiert.
Beitrag zum Klimaschutz
Die CO2-Emissionen, die das Projekt einsparte und noch einsparen wird, können quantitativ kaum erfasst werden. Die zweifache Evaluation der Lehrmaterialien und ihrer Wirkungen zeigte jedoch, dass das Projekt Integra_et_Klima es schaffte, bei Sprachkursteilnehmenden eine nachweisbare Veränderung des Wissens und teilweise auch des umwelt- und klimabezogenen Verhaltens herbeizuführen. In welchem Ausmaß die Lehrmaterialien zu einer Verringerung von Treibhausgasemissionen beitragen können, hängt davon ab, wie erfolgreich sie verbreitet und eingesetzt werden. Da in Deutschland immer mehr Menschen an integrations- oder berufsbezogenen Deutschkursen teilnehmen, die teilweise nur über wenig Wissen im Bereich Klimaschutz verfügen, ist das Einsparpotenzial hoch.
„Klimaschutz ist ein Thema, das kulturübergreifend angegangen werden muss, um gemeinsam eine Zukunft zu gestalten, die den veränderten Klimabedingungen gerecht wird.“
Doktor Heinrich Dornbusch, Geschäftsführer der KlimaExpo.NRW
Integra_et_Klima ist eines der ersten Projekte, das versucht, Klimaschutz mit dem Erwerb der deutschen Sprache zu verknüpfen und schaffte es, das Thema in den Fokus von migrantischen und Klimaschutzorganisationen zu rücken. Weitere Klimaschutzeffekte hängen auch davon ab, wie sehr die Berücksichtigung des Potenzials von Migrantinnen und Migranten auch in anderen deutschen Städten als fester Bestandteil von Klimaschutzstrategien etabliert werden kann.
Tipps und Tricks für interessierte Institutionen
Die erarbeiteten Unterrichtsmaterialien und das Umweltwörterbuch stehen allen Trägern von Integrations- und Sprachkursen, freien Dozentinnen und Dozenten und anderen Interessierten kostenlos zur Verfügung, um Umwelt- und Klimaschutzthemen alltagsnah in Sprachkursangebote oder andere Bildungsveranstaltungen zu integrieren.
Sprachniveau ist entscheidend
Das Modulbuch „Klimaschutz und Spracherwerb“ besteht aus einem Startmodul (Klimawandel) und vier Vertiefungsmodulen (Unterwegs, Wohnen und Arbeiten, Essen und Trinken und Einkaufen).
Die Module sind so gestaltet, dass sie vollständig oder einzeln bearbeitet werden können. Der Einsatz der Module in den einzelnen Kursen muss allerdings kritisch geprüft werden, Umfang und Sprachniveau der Kurse sollten angemessen sein. Den Einsatz des Materials empfiehlt das Projektteam ab dem Sprachniveau A2 oder in lernstarken Kursen ab Ende A1. Für jedes Sprachniveau stellt das Modulbuch entsprechende Materialien, Übungen und Aktionstipps zur Verfügung, teilweise auch mit Berufsbezug.
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Checkliste der Erfolgsfaktoren
- Modulbuch in Sprachkursen nutzen;
- Umweltwörterbuch in der Arbeit mit türkischstämmigen Kindern und Jugendlichen einsetzen;
- Anreize für Dozierende schaffen;
- Evaluationsdesign auf Besonderheiten in Integrationskursen abstimmen.
Umweltwörterbuch hilft beim Diskutieren und Handeln
Schülerinnen und Schüler der Aziz-Nesin-Schule steckten viel Energie in ein Umweltwörterbuch, das sie im Rahmen des Klimatages erarbeiteten. Durch die inhaltliche Auseinandersetzung mit Umwelt- und Klimaschutzthemen konnten sie ihr Vokabular in beiden Sprachen erweitern, um so die Themen besser lernen und diskutieren zu können. Damit dieser Lernprozess auch in anderen Schulen angestoßen werden kann, stellt Yeşil Çember das Umweltwörterbuch kostenfrei auf ihrer Internetseite zum Download bereit. Es beinhaltet neben den wichtigsten Begriffen aus den Bereichen Abfall, Chemie, Energie und Klima, Ernährung, Naturschutz und Landwirtschaft, Pflanzenwelt, Tierwelt und Wasser auch einfache Klimaschutz-Aktionstipps – in Deutsch und in Türkisch.
Dozierende sind Nadelöhr
Der Einsatz des Materials war während des Projektes stark vom Engagement der Dozierenden abhängig und wird es auch in Zukunft sein. Bildungseinrichtungen können mit einer stärkeren institutionellen Einbindung oder einem attraktiven Anreizsystem für die Dozierenden den Einsatz des Modulhandbuches fördern.
Evaluationsdesign schwer umsetzbar
Die begleitende Evaluierung dieses klimabezogenen Bildungsprojektes stellte sich unter anderem als herausfordernd dar, da die Fragebögen in viele unterschiedliche Sprachen übersetzt werden mussten, und die Kontrollgruppen den Sinn der Befragungen oft nicht nachvollziehen konnten. Institutionen, die ähnliche Bildungsmaßnahmen untersuchen wollen, sollten diese Umsetzungshemmnisse bei der Entwicklung des Evaluationsdesigns berücksichtigen.
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Klimaschutz braucht Initiative
Die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesumweltministeriums unterstützt seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Die Förderung erstreckt sich von der Entwicklung langfristiger Strategien bis hin zu konkreten Hilfestellungen und investiven Maßnahmen. Die guten Ideen aus den Projekten tragen dazu bei, den Klimaschutz vor Ort zu verankern. Hiervon profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher, Kommunen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen.