Klimafreundliche Geldanlage - Hilfestellungen für private Anleger und Verbraucher
Hilfestellungen für private Anleger und Verbraucher
Projektnehmer
Verbraucherzentrale Bremen e.V.
Projektlaufzeit
01.06.2012 bis
31.07.2015
Fördersumme
1.498.124 Euro
Förderkennzeichen
03KSF010
Förderprogramm
Das Klima schützen durch die richtige Art zu sparen
Die privaten Haushalte in Deutschland verfügen über ein Geldvermögen von über 5.000 Milliarden Euro. Immer mehr Privatpersonen wollen dieses Geld verantwortungsvoll anlegen, verlieren auf dem stetig wachsenden Markt der ethisch-ökologischen Geldanlagen jedoch leicht die Übersicht.
Auf einen Blick
Den Anlegerinnen und Anlegern fehlt die Orientierung, weil Begriffe wie nachhaltig oder klimafreundlich nicht klar definiert oder geschützt sind. Mindeststandards fehlen – somit kann jede Finanzdienstleisterin oder jeder Finanzdienstleister seine Anlage klimafreundlich nennen und ethisch-ökologische Kriterien in der Veranlagung und Kreditvergabe beliebig berücksichtigen – oder eben nicht. Vor diesem Hintergrund entwickelte die Verbraucherzentrale Bremen e.V. in diesem Projekt ein deutschlandweites Beratungsangebot für die Verbraucherzentralen und veröffentlichte umfassende Informationen, um private Anlegerinnen und Anleger über die Möglichkeiten nachhaltiger Investitionen aufzuklären und zur klimafreundlichen Geldanlage zu motivieren.
Unabhängige Beratung
Nach Umfragen im Auftrag der Stiftung Warentest sind ein Drittel der Verbraucherinnen und Verbraucher an ethisch-ökologischen Geldanlagen interessiert. Dennoch investierten bislang nur fünf Prozent in diesen Bereich. Um dies zu ändern, erstellte die Verbraucherzentrale Bremen einen Kriterienkatalog zur Bewertung von nachhaltigen Geldanlagen sowie Marktübersichten zu Sparanlagen, Investmentfonds und Rentenversicherungen. Das Projekt wollte dabei nicht nur über klimafreundliche Investitionen aufklären, sondern machte sich auch zur Aufgabe, unseriöse und „pseudoklimafreundliche“ Angebote aufzudecken und Unterlassungsklagen zu initiieren.
Ein Thema – viele Partnerinnen und Partner
Um die Verbraucherinnen und Verbraucher möglichst umfassend beraten zu können, kooperierte die Verbraucherzentrale Bremen mit zahlreichen kompetenten Partnerinnen und Partnern. Die Stiftung Warentest führte eine Untersuchung zur Erwartungshaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher an ethisch-ökologische Geldanlagen sowie eine bundesweite Marktumfrage durch und veröffentlichte die Ergebnisse des Projektes in der Zeitschrift Finanztest. Das Umweltbundesamt, das Beratungsunternehmen imug und die auf nachhaltige Anlagen spezialisierte Rating-Agentur oekom research sowie Finanzexpertinnen und ‑experten der Verbraucherzentralen stellten gemeinsam Nachhaltigkeitskriterien zur Bewertung der Anlagen zusammen. Der Verlag ECOreporter und die Tropenwaldstiftung OroVerde lieferten Wissen zu den Themen Grauer Kapitalmarkt und Waldinvestments. Die Fachtagung „Geld rettet die Welt?" gemeinsam mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) stellte die Ergebnisse des Projektes im Februar 2015 in Berlin vor.
Das Projekt knüpfte inhaltlich auch an das Verbundprojekt der Verbraucherzentralen „Starke Verbraucher für ein gutes Klima“ an. Zentrale Informationen wie zum Beispiel der Marktcheck für nachhaltige Sparanlagen und eine Marktübersicht über Banken mit ethisch-ökologischer Ausrichtung wurden bereits im Verbundprojekt erarbeitet und im Rahmen dieses Projektes nur aktualisiert und weiter ausgebaut.
Licht ins Dunkel bringen: Kriterien für die Klimafreundlichkeit von Geldanlagen
Bei ethisch-ökologischen, klimafreundlichen Geldanlagen werden neben den herkömmlichen Anlagekriterien Rendite, Risiko und Verfügbarkeit sogenannte extra-finanzielle, also ethisch-ökologische sowie auch klimafreundliche Kriterien berücksichtigt.
Was das genau heißt, versuchte das Projekt mit einem Kriterienkatalog für die Klimafreundlichkeit der Geldanlagen zu beantworten. Dazu wurden Positivkriterien sowie Negativ- beziehungsweise Ausschlusskriterien definiert, anhand derer die Banken und ihre Angebote bewertet wurden. Zentrale Negativkriterien, die zum Ausschluss von Unternehmen oder Anlageoptionen führten, waren beispielsweise nicht ausreichende Klimaschutzstandards oder Investitionen in umwelt- und klimaschädigende Bereiche wie die Öl-, Kohle- und Atombranche. Je nach Anlageform konnten außerdem unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, beispielsweise konkrete Branchen oder Technologien.
Klimafreundliche Sparanlagen, Renten- und Aktienfonds
Bereits Ende 2012 stellte das Projektteam in einer Pressekonferenz eine Marktübersicht zu klimafreundlichen Sparanlagen vor, in der die im Projekt erarbeiteten Kriterien für Klimafreundlichkeit angewendet wurden.
Im Projektverlauf wurden weitere Marktübersichten zu ethisch-ökologischen Investmentfonds und Rentenversicherungen erstellt und im Herbst 2014 veröffentlicht. Dafür erweiterte das Team der Verbraucherzentrale in Zusammenarbeit mit Finanztest von Stiftung Warentest den Katalog für ökologische und ethische Ausschlusskriterien und untersuchte, inwiefern ausgewählte Investmentfonds diese einhalten. Die Marktübersicht umfasste insgesamt 55 Investmentfonds in verschiedenen Fondsgruppen. Neben Standardinformationen wie Volumen, Titelanzahl und Kosten lieferte diese Übersicht eine Bewertung hinsichtlich Klimaschutz sowie Nachhaltigkeit und Transparenz. Im Bereich Klimaschutz gehörte beispielsweise der Ausschluss von Fracking dazu, im Bereich Nachhaltigkeit der Ausschluss von Glücksspiel und Kinderarbeit. 13 Aktienfonds wurden in einer gesonderten Studie gemeinsam mit dem Unternehmen South Pole Carbon auf ihren Klima-Fußabdruck hin untersucht.
Identifizierung von Risiken des Grauen Kapitalmarkts
Die Juristinnen und Juristen der Verbraucherzentrale Hamburg stellten bei einer Analyse des „grünen“ Grauen Kapitalmarkts fest, dass die Probleme von ethisch-ökologischen Finanzprodukten nicht nur im Bereich der unklar definierten Anlagekriterien lagen.
Vielmehr bestätigte die Analyse, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zu selten und oft nur unzureichend von den Anbieterinnen und Anbietern auf mögliche Investitionsrisiken aufmerksam gemacht werden. Bei Waldinvestments kann eine Naturkatastrophe beispielsweise zum Totalverlust führen. Aufgrund der Vielzahl verschiedener Angebote, der großen Anzahl an Vermittlerinnen und Vermittlern sowie der hohen Fluktuation auf dem Markt konnte die Verbraucherzentrale allerdings keine vollständige Übersicht zu den Produkten und den Investitionsrisiken erstellen.
Für den Grauen Kapitalmarkt, also den Beteiligungsmöglichkeiten, die nicht der offiziellen Bankenaufsicht unterlagen, wählte das Projekt daher einen anderen Weg, die Transparenz zu verbessern: Anbieterinnen und Anbieter mit unzureichender Verbraucheraufklärung wurden abgemahnt und erhielten eine Unterlassungserklärung. Zusätzlich informierte ein Faltblatt über die Fallstricke und Risiken, die zum Beispiel in überhöhten Renditeversprechen oder fehlender Einlagensicherung bestehen können.
Die Untersuchungen einzelner Finanzprodukte und die daraus resultierenden Abmahnungen wurden in der Branche der Umweltinvestments mit großem Interesse verfolgt. Einige Anbieterinnen und Anbieter änderten daraufhin ihre Werbung und nahmen Hinweise auf die möglichen Risiken in ihre Produktbeschreibungen auf.
Erste Schritte hin zu einem Qualitätssiegel
Das Projektteam führte darüber hinaus erste Aktivitäten durch, um die bisher fehlenden Mindeststandards oder ein Siegel zu etablieren. Zunächst erarbeiteten die Verbraucherzentralen ein Positionspapier. Zusätzlich gaben sie ein Kurzgutachten beim Öko-Institut in Auftrag, um das Siegel der Internetplattform ECOreporter.de hinsichtlich seiner Qualitätsstandards zu prüfen. Die Ergebnisse flossen in die Informationen für Beratungskräfte und in die öffentliche Debatte ein.
Verbraucherzentralen beraten direkt zu ethisch-ökologische Geldanlagen
Im Mai 2013 nahmen die Verbraucherzentralen Bremen, Hamburg, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein das Thema klimafreundliche Geldanlage in ihr Angebot auf und ergänzten es im April 2014 um die Themen nachhaltige Investmentfonds und Rentenversicherungen. Um die Finanzexpertinnen und Finanzexperten der Verbraucherzentralen auf ihre neue Aufgabe vorzubereiten, fanden Fortbildungen in mehreren Städten statt an denen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbraucherzentralen Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz teilnahmen.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit als Teil der Projektstrategie
Die Verbraucherzentrale begleitete das Projekt mit einer kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit und veröffentlichte beispielsweise alle Teilergebnisse in Pressemitteilungen. Zusätzlich zu den Marktübersichten wurden Flyer und Verbraucherinformationen zu ethisch-ökologischen Geldanlagen erstellt und in den beteiligten Verbraucherzentralen ausgelegt. Außerdem entstand die Broschüre „Ethisch-ökologisch Anlegen und Vorsorgen“, in der die Verbraucherzentrale Bremen zu den wesentlichen Aspekten des Themas informiert. Auf Basis dieser Broschüre wurde auch ein Vortragskonzept für Beraterinnen und Berater erarbeitet. Informationen und Materialien waren auf allen Webseiten der Verbraucherzentralen verfügbar. Als zusätzliches Angebot entwickelte die Stiftung Warentest einen kostenpflichtigen Produktfinder in Form einer Datenbank, in der Benutzerinnen und Benutzer gezielt nach nachhaltigen Investmentfonds suchen können.
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Was sollte das Projekt erreichen?
- Die Transparenz auf dem Markt der klimafreundlichen Geldanlagen sollte gesteigert werden;
- ein deutschlandweites Beratungsangebot für die Verbraucherzentralen sollte entwickelt werden;
- umfassende Informationen sollten bereitgestellt werden, um Verbraucherinnen und Verbraucher über die Möglichkeiten und Risiken nachhaltiger Investitionen aufzuklären und zur klimafreundlichen Geldanlage zu motivieren.
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Was hat das Projekt erreicht?
- Der erarbeitete Kriterienstandard zur Bewertung klimafreundlicher Geldanlagen steigerte die Transparenz und den Verbraucherschutz;
- die Verbraucherzentralen veröffentlichten Marktübersichten und integrierten diese in das neu entwickelte Beratungskonzept;
- die Juristinnen und Juristen legten irreführende Werbung und fehlende Risikohinweise von 15 Anbieterinnen und Anbietern in Pressemitteilungen offen;
- neun der abgemahnten Anbieterinnen und Anbieter gaben Unterlassungserklärungen ab und drei Anbieterinnen und Anbieter integrierten Risikohinweise in Produktinformationsblätter und Beratungsprotokolle;
- Finanzexpertinnen und experten der Verbraucherzentralen wurden geschult.
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Wie ging es weiter?
- Materialien und Marktübersichten sind weiterhin auf den Webseiten der teilnehmenden Verbraucherzentralen verfügbar und liegen in den Verbraucherzentralen aus;
- die Verbraucherzentrale Bremen bietet weiterhin Beratungen an;
- mehr Informationen sind unter www.verbraucherzentrale-bremen.de/wissen/geld-versicherungen/nachhaltige-geldanlage verfügbar.
Beitrag zum Klimaschutz
Das Projekt sensibilisierte Anlegerinnen und Anleger für das Thema klimafreundliche Geldanlagen und stärkte damit auch deren Vertrauen in die wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Angebote. Damit ist davon auszugehen, dass die privaten Haushalte vermehrt zur Investitionstätigkeit in klimafreundliche Geldanlagen bewegt wurden. Gleichzeitig verbesserten die Verbraucherzetralen, insbesondere mit der Offenlegung irreführender Angebote, die Transparenz auf dem Markt.
Ob dies allerdings zu einer vermehrten CO2-Einsparung durch ein größeres Anlagevolumen in klimafreundlichere Technologien führte, wurde im Rahmen des Projektes nicht ermittelt.
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Checkliste der Erfolgsfaktoren
- Finanzexpertinnen und -experten sowie Spezialistinnen und Spezialisten für Klima- und Nachhaltigkeitsbewertungen einbinden;
- mithilfe gezielter Öffentlichkeitsarbeit Transparenz schaffen und auf unseriöse Angebote aufmerksam machen;
- Informationen leicht zugänglich aufbereiten, beispielsweise über ein übergreifendes Themenportal klimafreundliche Geldanlage.
Tipps und Tricks für interessierte Institutionen
Die Macht der Konsumentinnen und Konsumenten wird oft unterschätzt. Mit gezielten Anlagestrategien und der Investition in ausgewählte Geldanlagen können sie klimafreundliche Produkte fördern und Finanzdienstleisterinnen und -dienstleister in ihren Investitions- und Vergabeentscheidungen beeinflussen. Um sie dabei zu unterstützen, sollten interessierte Institutionen einige Punkte beachten.
Expertinnen und Experten gewinnen
Um die klimafreundlichen Geldanlagen richtig zu verstehen, haben sich in diesem Projekt die Juristinnen und Juristen – Expertinnen und Experten für Verbraucherschutz – die richtigen Kompetenzen aus anderen Feldern zusammengesucht: Finanzfachleute der Stiftung Warentest, sowie Klimaexpertinnen und ‑experten von oekom research, Umweltbundesamt oder ECOreporter, um nur einige zu nennen. Die Zahl der verschiedenen Expertisen, die für diese Arbeit notwendig war, zeigt, wie komplex der Gegenstand des Projektes ist und wie Intransparenz und Verwirrung entstehen können, erhöht aber die Glaubwürdigkeit und die Multiplikatorwirkung.
Öffentlichkeitsarbeit ergänzt sich gut mit anderen Instrumenten
Detaillierte Informationsmaterialien sollten für eine gründliche Vorbereitung bereitgestellt werden – online und auf Papier. Gleichzeitig sollten übersichtliche Broschüren und Flyer in der eigentlichen Entscheidungssituation zur Hand stehen. Das Projekt kombinierte daher diese beiden Ansätze. Zudem beeinflusste das Projekt aktiv die Angebots- und Aufklärungspraxis der Finanzdienstleister durch „Zuckerbrot“ – positive Auszeichnung – und „Peitsche“ – Abmahnung für unseriöses Verkaufsverhalten. Damit werden die Erkenntnisse des Projektes mehrfach genutzt und das Projekt wird durch die Kombination verschiedener Wirkungspfade umso effektiver.