KlimaKunstSchule - künstlerische Auseinandersetzung mit den Themen Klimawandel, Klimaschutz und Energiewende im schulischen Kontext
Künstlerische Auseinandersetzung mit den Themen Klimawandel, Klimaschutz und Energiewende im schulischen Kontext
Projektnehmer
BildungsCent e.V.
Projektlaufzeit
01.11.2013 bis
31.08.2017
Fördersumme
1.284.048 Euro
Förderkennzeichen
03KSF052
Förderprogramm
Klimaschutz ist eine Kunst
Wie finden junge Menschen Zugang zum Thema Klimawandel, ohne sich davon überfordert zu fühlen oder sich gelangweilt zurückzuziehen? Künstlerische Methoden motivieren Schülerinnen und Schüler, sich engagiert und phantasievoll mit der anspruchsvollen Materie auseinanderzusetzen.
Auf einen Blick
Der Verein BildungsCent e.V. lud in diesem Projekt Künstlerinnen und Künstler verschiedenster Disziplinen und andere Kreativschaffende ein, Kunstprojekte mit Klimawandelbezug zu entwickeln, und diese an Schulen in ganz Deutschland umzusetzen. In diesen „artistic seeds“ genannten Aktionen beteiligten die Künstlerinnen und Künstler Schülerinnen und Schüler direkt an ihrem künstlerischen Schaffensprozess und pflanzten so Ideen in den Köpfen der Jugendlichen. Lernende und Lehrpersonal in über 200 Schulen fanden über diese gemeinsamen Kunstaktionen einen neuen Zugang zu den komplexen Themen Klima und Klimawandel. Im Anschluss setzten sie – von den Aktionen inspiriert – eigene Projekte um. Eine Materialsammlung mit Ideen, die sich besonders gut zur Nachahmung eignen, soll weitere Schulen zu Kunstaktionen motivieren. Der ungewöhnliche Ansatz von KlimaKunstSchule zeigte, dass kreative Begegnungen ein vielversprechender Weg sind, die politische Teilhabe zu fördern.
Wahrnehmen, verstehen, Alternativen entwerfen
Obwohl die Themen Klimawandel und Klimaschutz verstärkt im Unterricht behandelt werden, fehlt vielen Schülerinnen und Schülern immer noch ein Zugang zu der komplexen Thematik. BildungsCent e.V. setzte sich daher zum Ziel, Lernenden sowie Lehrenden das Thema Klimawandel und ihre eigene Rolle darin auf emotionale Weise zu vermitteln. Das Projektteam wählte dafür einen partizipativen, gestaltenden Ansatz – der Einsatz künstlerischer Mittel sollte besonders gut zum Handeln motivieren: Kreativ gestaltete Arbeiten springen direkt ins Auge, sie rufen Assoziationen hervor und ihre Gestaltung regt spielerisch zum Aufspüren von Alternativen an.
Inhaltlich umfasste das Konzept, mit dem Jugendliche sensibilisiert und zu Klimaschutz-Handlungen motiviert werden sollten, drei Schritte:
- Die grundlegende Wissensvermittlung zum Klimawandel findet im Unterricht statt;
- bei „artistic seeds“-Aktionen entwickeln Künstlerinnen und Künstler an den Schulen exemplarisch Projekte und liefern Inspirationen für Lernende und Lehrende;
- auf Basis der Ideen entwickeln die jungen Leute eigene Klimaschutzarbeiten beziehungsweise Kunstwerke und setzen diese eigenständig um.
Gut durchplanen und vermitteln
Um die ambitionierten Absichten des Projektes KlimaKunstSchule umzusetzen, war eine sorgfältige Vorbereitung nötig. Zunächst entwickelte das Team von BildungsCent e.V. einen Ablaufplan mit den einzelnen Prozessschritten für die Zusammenarbeit zwischen den Kunstschaffenden und den Schulen. Fast zwei Jahre dauerte es in der Folge, bis der Verein 49 Künstlerinnen und Künstler und passende Schulen gefunden und in intensiven Gesprächen auf die Projektziele eingestimmt hatte.
Parallel zur Akquise der Beteiligten starteten die ersten Arbeiten. 30 Bildungseinrichtungen hatten bis Ende 2015 ihre Pläne verwirklicht, bis Mitte 2016 waren es 100, am Ende des Projektes 208. Je nach Schulstruktur und den jeweiligen zeitlichen Vorgaben fand das Projekt innerhalb einer Projektwoche, über einen längeren Zeitraum im Fachunterricht, in einer AG oder in weiteren Kontexten statt. Teilnehmen konnten die Klassen fünf bis zehn. Unterstützt vom Projektteam präsentierten die Schulen anschließend öffentlichkeitswirksam die vor Ort entstandenen Werke auf zahlreichen regionalen und nationalen Veranstaltungen.
Artistic Seed Bombs – Impulse geben
Die teilnehmenden Kunstschaffenden entwickelten eine vielseitige Anzahl an „artistic seeds.“ Der Begriff ist abgeleitet aus der Guerillagärtnerei-Bewegung – sie nutzt kleine Seed Bombs, Kugeln mit Blumensamen, um den urbanen Raum zum Blühen zu bringen. Ausgangspunkt für jeden künstlerischen Impuls war die jeweilige Praxis der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler und Kreativen: Ob Malen, Zeichnen, Schreiben, Theater spielen, Trickfilme herstellen, Fotografieren, mit Ton arbeiten, Lesungen abhalten, Flashmobs durchführen, Plakate gestalten – die Kunstschaffenden nutzten ihre individuellen Methoden und Ansätze und vermittelten diese in den Aktionen an die Lernenden weiter. Die jungen Leute erfuhren so neue Standpunkte oder ungewöhnliche Ausdrucksweisen und erhielten eine veränderte Wahrnehmung des Alltäglichen.
Das Projekt punktete besonders durch Originalität: Bei der Aktion „Bilderflut“ ließ eine Regisseurin beispielsweise die Teilnehmenden den Klimawandel in künstlerischen Fotos darstellen; die Performance-Kunst-Gruppe „BrachenBrunch“ unter der Leitung des Kulturingenieurs Felix Liebig transformierte eine nicht genutzte Stadtfläche in einen Erlebnisraum; die systemische Künstlerin Pedi Matthies lud in der Aktion „Kunst des Müßiggangs“ Schulgruppen ins Grüne ein – hier taten diese einfach mal nichts, entspannten, beobachteten Tiere im Garten und realisierten dabei ganz von alleine den Zusammenhang von Nichtstun und Klimaneutralität.
Klimaschutzprojekt – Ideen weiterspinnen
Im Anschluss an die künstlerischen Impulse entwickelten die Schülerinnen und Schüler eigene Projekte. Aus der Bilderflut entstand der Animationsfilm „Ape und Fred retten die Welt“, der den ersten Platz in einem bundesweiten Filmwettbewerb sowie eine internationale Nominierung gewann. BrachenBrunch motivierte zur Verwirklichung eines Urban-Gardening-Projektes und der Müßiggang mündete in einer Diskussion mit Passantinnen und Passanten in der Mainzer Innenstadt. Für die jungen Leute war es eine wichtige Erfahrung, sich zu engagieren und im öffentlichen Raum für ihre Positionen einzutreten.
KlimaKunstKampagne – Aufmerksamkeit generieren
Eine zusätzliche Aktion gab es in Vorbereitung der Pariser Weltklimakonferenz (COP21). Im Spätherbst lud das Kunstkollektiv Rimini Protokoll 150 Gäste, darunter etwa 70 Schülerinnen und Schüler, ins Hamburger SchauSpielHaus. Gemeinsam inszenierten sie in allen Räumen des Theaters die COP21 als interaktives Stück.
Die Anwesenden schlüpften für drei Stunden in die Rolle von Konferenzteilnehmenden und simulierten die Aushandlung eines Weltklimavertrags. Durch die konkrete Erfahrung der widerstreitenden internationalen Positionen konnten sie sich unmittelbar mit dem spannungsgeladenen politischen Feld identifizieren.
Inspiriert durch diesen künstlerischen Impuls bildeten die Schülerinnen und Schüler insgesamt 19 Teams und führten in ihren eigenen Orten weitere kreative Aktionen durch. Sie inszenierten ein Theaterstück sowie mehrere Filme und veranstalteten Podiumsdiskussionen mit regionalen Persönlichkeiten. Darüber hinaus gestalteten die jungen Leute Postkarten, die sie an ihr Umfeld mit der Bitte verteilten, darauf Wünsche und Erwartungen an die Teilnehmenden der COP21 zu schreiben. Die Übergabe der 3.000 entstandenen Karten an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks während ihrer publikumswirksamen Zugfahrt zu den Verhandlungen nach Paris wurde auf der Facebook-Seite von KlimaKunstSchule live übertragen.
KlimaKunstSchule zeigte sich auch über die KlimaKunstKampagne hinaus in verschiedenen Formen in der Öffentlichkeit. Das KlimaKunstSchule-Buch dokumentiert 38 „artistic seeds“ und 17 beispielhafte Schulprojekte und wurde an 1.180 Personen aus Bildungs-, Kultur- und Umwelteinrichtungen sowie Kommunen verteilt. Die Webseite von KlimaKunstSchule bietet ein Projektarchiv und stellt die Handreichung zum Herunterladen zur Verfügung.
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Was sollte das Projekt erreichen?
- Schülerinnen und Schüler sollten kreative Techniken erproben und mit deren Hilfe Handlungsoptionen zu den Themen Klimawandel, Klimaschutz und Energiewende entwickeln;
- Künstlerinnen und Künstler sollten die künstlerische Umsetzung unterstützen und Projekte inspirieren;
- Schülerinnen und Schüler sollten eigene Projekte durchführen.
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Was hat das Projekt erreicht?
- Beteiligung von 208 Schulen mit 5.527 Schülerinnen und Schülern sowie 408 Lehrerinnen und Lehrern;
- Kooperation mit 49 Künstlerinnen und Künstlern;
- Entwicklung einer Handreichung für Lehrkräfte und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die aus dem KlimaKunstSchule-Buch, Unterrichtsmaterial und einem Set von Ideenkarten besteht;
- Präsentation von 17 beispielhaften Projekten im KlimaKunstSchule-Buch.
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Wie ging es weiter?
Das KlimaKunstSchule-Buch mit dem Titel „Klimaschutz ist eine Kunst“ fasst die Projektergebnisse zusammen und stellt die beteiligten Künstlerinnen und Künstler vor. Interessierte können das Buch neben den anderen Materialien und Veröffentlichung auf der Projektseite unter www.klimakunstschule.bildungscent.de/das-buch/ herunterladen.
Beitrag zum Klimaschutz
Als Bildungsprojekt leistete KlimaKunstSchule einen indirekten Beitrag zum Klimaschutz. Etwa 5.500 Schülerinnen und Schüler und ihre knapp 400 Lehrpersonen gewannen ein tiefergehendes aktives Verständnis des Klimawandels, das sie an die Öffentlichkeit trugen. KlimaKunstSchule zeigte modellhaft, wie ein klimafreundlicher Kulturwandel durch inspirierte Aktionen gefördert werden kann.
„Für die Schülerinnen und Schüler ist es ein Projekt der Selbstermächtigung. Sie haben erlebt, dass sie mit politischem Denken und Handeln etwas bewegen können.“
Christine Biehler, Kunstlehrerin Karl-Rehbein-Schule
Tipps und Tricks für interessierte Institutionen
In einer Projektevaluation fand BildungsCent e.V. heraus, dass das Lehrpersonal vom Interesse der Lernenden am Thema und von der engagierten Mitarbeit oft positiv überrascht wurde. Durch die projektorientierte Arbeit im Anschluss an eine „artistic seed“-Inspiration erhielten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit neu Erlerntes anzuwenden.
Gleichzeitig brachten sie oft auch bisher nicht gezeigte Fähigkeiten und Kompetenzen zum Einsatz. Diese Erfahrung können auch weitere Schulen machen, wenn sie die im Netz verfügbaren Projektpublikationen nutzen.
Zur Nachahmung empfohlen
Die Umsetzung eigener Projekte stärkte bei jungen Leuten die Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Damit ermöglichten sie auch ihrem (erwachsenen) Umfeld die Begegnung mit neuen Perspektiven, denn alle Arbeiten spielten sich unter Einbeziehung der Öffentlichkeit ab. Um Lernenden weiterhin die Chance auf diese kreative Erfahrung zu bieten, veröffentlichte BildungsCent e.V. eine Auswahl von Projektideen und stellte weitere Materialien bereit. Die Beschreibung dieser Schulprojekte lädt mit Texten, Bildern und Zitaten dazu ein, selbst aktiv zu werden und eigene Ideen zu entwickeln. Die ausgewählten Ideen zeichnen sich dadurch aus, dass man sie zeit- und ortsunabhängig und mit überschaubaren Kosten durchführen kann. Praktische Unterstützung leistet die Rubrik „Dafür braucht ihr“. Dahinter verbergen sich Hinweise auf die benötigten Materialien, aber ebenso auf eventuelle Kooperationspartnerinnen und -partner oder auch organisatorische Voraussetzungen.
Schnell und einfach loslegen mit Ideenkarten
Wer sofort loslegen will, sich aber die Entwicklung einer eigenen Idee nicht zutraut, kann auf ein weiteres Angebot aus dem Projekt zurückgreifen. Einige der „artistic seeds“ bereitete BildungsCent e.V. gemeinsam mit den jeweiligen Künstlerinnen und Künstlern als Ideenkarten auf. Sie liefern konkrete Handlungsanleitungen, lassen sich ganz einfach nachahmen und stellen so einen niedrigschwelligen Einstieg in eine kreative Form des Klimaschutzes dar.
Eine Ideenkarte erklärt beispielsweise, wie Jugendliche Samenkugeln selber machen können, um ihre Stadt zum Blühen zu bringen, und was es dazu braucht. Die Ideenkarte für eine Guerilla-Lesung an einem (halb‑)öffentlichen Ort motiviert, sich mit eigenen Worten für den Klimaschutz einzusetzen. Ausführliche Anleitungen zur Umsetzung dieser und vieler weiterer Ideen gibt es auf der Internetseite von KlimaKunstSchule.
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