Schlüsselakteure bewegen kommunalen Klimaschutz
Projektnehmer
Europa-Universität Flensburg
Projektlaufzeit
01.01.2016 bis
31.03.2018
Projektkontakt
Fördersumme
325.032 Euro
Förderkennzeichen
03KF0036
Förderprogramm
Dem Klimaschutz die Tür öffnen
Um Klimaschutz auf kommunaler Ebene voranzutreiben gilt es, lokale Größen aus Wirtschaft und Gesellschaft zu identifizieren und für den Klimaschutz zu gewinnen.
Auf einen Blick
Die Umsetzung lokaler Klimaschutzmaßnahmen gelingt am besten, wenn engagierte Menschen vor Ort mithelfen und Initiative ergreifen. So können sie Klimaschutz auch abseits der Einflussmöglichkeiten einer Kommunalverwaltung voranbringen. Diese Schlüsselakteurinnen und -akteure sind wie Influencer in den sozialen Medien – nur bewerben sie kein Produkt, sondern den Klimaschutz. Im Projekt Schlüsselakteure bewegen kommunalen Klimaschutz erforschte die Europa-Universität Flensburg (EUF) daher, wie die Zusammenarbeit zwischen Kommunalverwaltungen und solchen lokalen Einflussgrößen systematisch in die Wege geleitet werden kann. Das Projektteam untersuchte, wie Klimaschutzverantwortliche in acht Kommunen Unterstützerinnen und Unterstützer ausfindig machten und für die Mithilfe im Klimaschutz gewannen, und leitete daraus konkrete Handlungsempfehlungen für andere Kommunen ab.
Begrenzter Einflussbereich der Kommunen
Ein Großteil der Treibhausgase, die durch die Erzeugung von Energie entstehen, fällt auf kommunaler Ebene an. Die kommunalen Verwaltungen haben nur sehr begrenzte Hebel, Treibhausgasemissionen zu reduzieren – nur etwa zehn Prozent der Emissionen unterstehen ihrem direkten Einfluss. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Klimaschutz ist deshalb die Zusammenarbeit mit einflussreichen Personen und Organisationen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die konkrete Klimaschutzmaßnahmen in Unternehmen, Kirchen, Schulen oder bei der Bevölkerung vorantreiben.
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Was sollte das Problem erreichen?
- Schlüsselakteurinnen und ‑akteuren aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sollen Klimaschutzmaßnahmen auf kommunaler Ebene vorantreiben und über die Kommunen hinaus verbreiten;
- Materialien und Methoden zur Aktivierung und Einbindung dieser Schlüsselakteurinnen und -akteure sollen Kommunen und weiteren Interessierten zur Verfügung stehen;
- in Kooperation mit Verbänden und Netzwerken sollen fünf bis sechs Workshops durchgeführt werden.
Die sogenannten Schlüsselakteurinnen und -akteure sind gut vernetzte Menschen mit überragendem Engagement in wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Belangen, wie zum Beispiel Engagierte oder Beschäftigte von Bürgerforen, Stiftungen, Verbänden, der Kirche oder Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Unternehmen. Durch ihr Fachwissen, ihre Einflussmöglichkeiten und ihre Verantwortungsbereitschaft können sie den kommunalen Klimaschutz effektiv unterstützen. In der Vergangenheit entwickelten einzelne Kommunen unterschiedliche Ansätze, sie systematisch einzubinden. Im Projekt nahm die Europa-Universität Flensburg (EUF) zusammen mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) und dem Büro 4K Kommunikation für Klimaschutz den Schlüsselakteursansatz genauer unter die Lupe.
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Was hat das Projekt erreicht?
- Das Team wählte aus 39 Fallbeispielen acht Beispielkommunen aus, in denen es kommunale Schlüsselakteurinnen und ‑akteure identifizierte und analysierte;
- ein Handlungsleitfaden, Projektsteckbriefe, und Checklisten für Kommunen, die Schlüsselakteurinnen und -akteure einbinden wollen, steht lokalen Klimaschutzakteurinnen und -akteuren zur Verfügung;
- der Ansatz wurde auf drei überregionalen Veranstaltungen verbreitet und mit Verbänden, NGOs und Wirtschaftsvertreterinnen und Vertretern diskutiert;
- der Handlungsleitfaden wurde 1.000-mal gedruckt und auf Veranstaltungen sowie per Post verteilt und an 400 E-Mail-Adressen versendet.
Systematische Einbindung von Engagierten
Ziel des Vorhabens war es, lokale Klimaschutzmaßnahmen über den kommunalen Einflussbereich hinaus durch die systematische Einbindung von Mitwirkenden außerhalb der Verwaltung zu stärken. Anhand von Fallstudien in acht Kommunen erforschte das Projekt, wie Klimaschutzverantwortliche Mitstreiterinnen und Mitstreiter identifizieren und aktivieren können. Aus den Ergebnissen entwickelte das Team einfach umsetzbare Handlungsempfehlungen mit wertvollen Praxismaterialien wie Checklisten und Musteranschreiben. Zudem sollte das Vorhaben vorbildhaftes Engagement von Schlüsselakteurinnen und -akteuren bundesweit bekanntmachen und so weitere geeignete Persönlichkeiten motivieren.
Bestandsaufnahme und Fallstudien
Viele Verantwortliche in Kommunalverwaltungen kooperieren bereits erfolgreich mit Macherinnen und Machern auch ihrer Region. In Flensburg gibt es beispielsweise seit mehr als zehn Jahren den Klimapakt – ein lokales Akteursnetzwerk mit über 70 Mitgliedern. Im Projekt war der erste Schritt daher die Bestandsaufnahme: Welche Ansätze gibt es bereits? Welche Kriterien zur Identifikation und Einbindung von einflussreichen Personen lassen sich ableiten? Um diese Fragen zu beantworten, führte das Projektteam in acht Kommunen Fallstudien durch, darunter Hannover, Jena, Kempten und Kiel.
Die ausgewählten Kommunen unterschieden sich darin, inwiefern sie bereits eine Klimaschutzstrategie entwickelt und dazu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren eingebunden hatten. Mit 60 Vor-Ort-Interviews untersuchte das Team, wodurch sich Schlüsselakteurinnen und -akteure auszeichnen, welche Rolle sie im lokalen Klimaschutzprozess übernehmen, wie sie miteinander vernetzt sind und wie sie langfristig zur Maßnahmenumsetzung beitragen können. Jede der acht Kommunen erhielt anschließend einen individuellen Bericht mit einer Situationsanalyse und Handlungsempfehlungen.
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Wie ging es weiter?
Nach Ende der Projektlaufzeit veranstaltete das Team weitere Workshop- und Diskussionsformate zur Verbreitung und Diskussion des Konzeptes unter anderem in Mainz, Potsdam und Online als Webinar. Die erstellten Materialien sind unter www.schluesselakteure.de verfügbar. Dort stehen auch weitere Materialien zum theoretischen Forschungshintergrund des Projektes und den durchgeführten Workshops und Webinaren zur Verfügung.
Werkzeuge für die Praxis
Die Ergebnisse fasste das Team in einer Toolbox zusammen, die sich gezielt an lokal tätige Klimaschutzbeauftragte richtet. Ein Bestandteil ist ein Leitfaden mit konkreten Tipps, um die lokalen Persönlichkeiten zu identifizieren, anzusprechen und einzubinden. Dazu entwickelte das Team verschiedene Arbeitsmaterialien wie Checklisten und Materialmuster und eine Reihe von Steckbriefen, in denen sich vier Vorreiterkommunen und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer vorstellen. Ein Veranstaltungskonzept gibt Verantwortlichen in den Kommunen Anregungen für die Durchführung einer lokalen Motivationsveranstaltung für Schlüsselakteurinnen und ‑akteure. Um herauszufinden, ob die entwickelten Materialien deutschlandweit anwendbar sind, integrierte das Team einen Feedbackbogen in den Handlungsleitfaden.
Überregionale Verbreitung
Ein weiteres Ziel des Vorhabens war, den entwickelten Schlüsselakteursansatz national zu verbreiten. Dazu bot das Projektteam unter anderem einen Workshop im Rahmen der zehnten Kommunalen Klimakonferenz im Januar 2018 in Berlin an. Dort berichteten Referierende aus einer Stadtverwaltung, der Europa-Universität Flensburg und eines Stadtwerkes, wie es gelingt, relevante Personen vor Ort für den Klimaschutz zu begeistern und welche Projektinhalte und ‑formen sich für eine Zusammenarbeit eignen.
Rund 70 Interessierte nahmen an der Veranstaltung teil. Weiterhin fanden überregionale Workshops mit möglichen Schlüsselakteurinnen und -akteuren statt, zum Beispiel im Rahmen des Zukunftsforums Energiewende Kassel oder beim Jahresauftakt des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen.
„In vielen Orten ist der Klimaschutz bisher stark von Behörden betrieben. Andere Akteure gezielt anzusprechen und einzubeziehen – dafür fehlen bislang die Rezepte.“
Martin Beer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Europa-Universität Flensburg
Beitrag zum Klimaschutz
Die Zusammenarbeit mit einflussreichen Partnerinnen und Partnern außerhalb der Verwaltung eröffnet Kommunen neue Möglichkeiten, Klimaschutzmaßnahmen über den eigenen, begrenzten Einflussbereich hinaus umzusetzen. Die Möglichkeiten Mitwirkender reichen dabei vom Einfluss auf die politische Meinungsbildung über die Finanzierung und Initiierung von Projekten bis hin zur konkreten Umsetzung von Maßnahmen im jeweiligen Wirkungsbereich (wie zum Beispiel Haushalte, Mobilität, Unternehmen oder Energieversorgung). In ihren jeweiligen Netzwerken wirken die lokalen Schlüsselakteurinnen und -akteure als Vorbilder auf regionaler und überregionaler Ebene und treiben dadurch deutschlandweit Prozesse an.
Die zusätzlichen Emissionsreduktionen, die durch ihr Wirken erreicht werden, sind allerdings häufig nur schwer direkt nachweisbar. In einem Szenarienvergleich schätzt die EUF, dass ohne die Einbindung von Schlüsselakteurinnen und ‑akteuren die energiebedingten Treibhausgasemissionen auf lokaler Ebene weniger reduziert werden würden. Dies würde zu einer deutlichen Verfehlung der durch die Bundesregierung anvisierten Klimaschutzziele beitragen. Hauptursache wären Brüche zwischen den Klimaschutzkonzepten auf kommunaler Ebene und deren Umsetzung. Das erarbeitete Konzept zur Einbindung von einflussreichen Akteurinnen und Akteuren könnte die Brüche erfolgreich überbrücken beziehungsweise diese gar nicht erst entstehen lassen.
Tipps und Tricks für interessierte Institutionen
Alle Ergebnisse und Materialien stehen auch nach Projektende Interessierten kostenlos zum Download zur Verfügung. Kommunen in ganz Deutschland erhalten dort eine Vielzahl von konkreten Hinweisen und Handlungsempfehlungen, wie sie Schlüsselakteurinnen und -akteure identifizieren und einbinden können. Darüber hinaus ist der Ansatz auf Organisationen, in denen Umweltschutz verankert werden soll, übertragbar – beispielsweise auf die Kirche und Unternehmen.
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Checkliste der Erfolgsfaktoren
- Person ernennen, die den Prozess vorantreibt und Kontakt zu den Schlüsselakteurinnen und -akteuren aufbaut und hält;
- Hintergrundinformationen zu einflussreichen Akteurinnen und Akteuren vor Ort sammeln und erst dann gezielt ansprechen;
- im Projekt entwickelte Materialien verwenden.
Handlungsleitfaden nutzen
Der Handlungsleitfaden „Erfolgreicher kommunaler Klimaschutz dank Schüsselakteuren“ hilft dabei, Mitwirkende zu finden und zeigt, wie eine langfristige Zusammenarbeit entsteht. Der Leitfaden beginnt mit Einblicken in die lokalen Klimaschutzprozesse der acht Beispielkommunen, den unterschiedlichen Schlüsselakteurinnen und -akteuren und ihren Netzwerken. Es folgen konkrete Handlungsempfehlungen zur Gestaltung eigener Klimaschutzprozesse.
Dazu gibt es zum Beispiel Listen mit Erfolgsfaktoren, Checklisten mit Hinweisen, welche Personen für die Zusammenarbeit in Frage kommen könnten, und Kommunikationstipps. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Kontinuität der Personen, die den Prozess vorantreiben.
Von Steckbriefen inspirieren lassen
Im Download-Bereich der Internetseite finden Interessierte die acht Steckbriefe, die im Projekt entstanden. Sie stellen vier Vorreiterkommunen vor – Jena, Kempten, Hannover und Kiel – und mit ihnen die jeweilige Schlüsselakteurin oder den jeweiligen Schlüsselakteur. Die enthaltenen Zitate und Anekdoten lassen bei den Leserinnen und Lesern ein besseres Bild davon entstehen, wie wirkungsvolle Klimaschutzarbeit konkret aussieht, wenn Multiplikatorinnen und Multiplikatoren erfolgreich eingebunden werden.
Motivationsveranstaltung planen
Ebenfalls praktisch zur Umsetzung in der eigenen Kommune ist das entworfene Veranstaltungskonzept zur Motivation von Klimaschutzpartnerinnen und
-partnern. Mithilfe des Konzeptes können Verwaltungsangestellte die Ziele und Zielgruppen der Veranstaltung definieren und erhalten Tipps und Beispiele für einen möglichen Ablauf und einen Zeitplan für die Vorbereitung. Zusätzlich stellt das Team Vorlagen für Einladungsschreiben bereit, die dann nur noch individuell angepasst werden müssen.
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Klimaschutz braucht Initiative
Die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesumweltministeriums unterstützt seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Die Förderung erstreckt sich von der Entwicklung langfristiger Strategien bis hin zu konkreten Hilfestellungen und investiven Maßnahmen. Die guten Ideen aus den Projekten tragen dazu bei, den Klimaschutz vor Ort zu verankern. Hiervon profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher, Kommunen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen.