Starke Verbraucher für ein gutes Klima
Projekt zur Förderung klimafreundlichen Verhaltens, klimafreundlichen Konsums und klimafreundlicher Investitionen in privaten Haushalten
Projektnehmer
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv)
Projektlaufzeit
01.09.2008 bis
31.12.2010
Projektkontakt
Fördersumme
20.661.845 Euro
Förderkennzeichen
03KS0057
Förderprogramm
Hilfe zur Selbsthilfe beim klimafreundlichen Konsum
Wie kann ich Sprit sparen? Welche Waschmaschine soll die alte ersetzen? Muss das Gemüse verpackt sein? Viele Verhaltensänderungen im Kleinen helfen dem Klima im Großen. Ein Umdenken fällt aber insbesondere bei kleineren und größeren Investitionen vielen noch schwer.
Auf einen Blick
Nicht für alle Themen des Klimaschutzes gibt es bereits eine so große Fülle an Informations- und Beratungsangeboten wie im Bereich Energiesparen – und wenn, dann selten überregional. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) initiierte daher mit seinen 16 Verbraucherzentralen und sechs weiteren Projektpartnerinnen und -partnern eine bundesweite Informations- und Beratungsoffensive für private Haushalte. Das Bündnis verband regionale und lokale Klimaschutzaktivitäten zu einer Dachmarke und stärkte damit deren Wahrnehmung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern. So konnte das Projektteam ein breites Themenspektrum bespielen und Veränderungen anstoßen. Neben Ernährung, Konsum, Geldanlagen und Wohnen bildete das Thema klimaverträgliche Mobilität einen besonderen Schwerpunkt.
Breites Angebot und breite Themenwahl
Das Projekt stellte eine Großoffensive in Sachen Aufklärung, Beratung und Bildung dar. Die Kampagne bestand aus einer Vielzahl an Aktionen, Veranstaltungen, Schulprogrammen, Beratungsangeboten sowie Multiplikatorenschulungen in ganz Deutschland. Unter dem Slogan „für mich. für dich. fürs klima.“ kamen Themen wie Ernährung, Konsum, Geldanlagen und Wohnen zur Sprache. Da aktionsorientierte Maßnahmen besonders gut Informationen vermitteln, zum Nachdenken anregen und neugierig machen, waren sie ein wichtiges innovatives Element im gemeinsam entwickelten Aktions-Standardprogramm.
Starkes Bündnis für starke Verbraucherinnen und Verbraucher
Um den Klimaschutzberatungen mit guten Ideen und Aktionen zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen und gleichzeitig bundesweit agieren zu können, stellten der vzbv und seine 16 Vertretungen auf Länderebene ein breites Bündnis aus verschiedenen gesellschaftlichen Organisationen auf. Vereint unter dem Dach der bundesweiten Kampagne „Starke Verbraucher für ein gutes Klima“ engagierten sich auch der Deutsche Mieterbund (DMB), die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der VerbraucherService im Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) und die Nichtregierungsorganisation Germanwatch. Dadurch entstand ein in Deutschland einzigartiges bundesweites Netzwerk von Verbraucher- und Klimaschutzorganisationen.
Klimateams vor Ort
Eigens zusammengestellte lokale Klimateams der beteiligten Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände setzten die einzelnen Angebote um. Die Größe der insgesamt 22 Teams variierte je nach Bundesland und Aufgabenschwerpunkt. Die Teams brachten den Verbraucherinnen und Verbrauchern das jeweilige Thema beispielsweise in Beratungsgesprächen oder durch Aktionen vor Ort persönlich nahe.
Mit Klimaschutz Brötchen verdienen
Ein inhaltlicher Schwerpunkt der bundesweiten Angebote lag auf der klimaverträglichen Mobilität. Im Fahrsimulator konnten die Teilnehmenden beispielsweise üben, wie man mit wenig Sprit auskommt. Die virtuelle Fahrt startete mit nur 0,35 Litern Treibstoff im Tank. Nur wer umsichtig damit umging, kam am fünfeinhalb Kilometer entfernten Zielort „Simu‑Town“ an. Die erfolgreichste und am häufigsten durchgeführte Aktion war „Kurzstrecken vermeiden“. Die Klimateams vor Ort befragten Passantinnen und Passanten, mit welchen Verkehrsmitteln sie zum aktuellen Ort gekommen waren oder wie sie in der Regel Wege zurücklegten. Sie wurden dann gebeten, die Kosten und den CO2-Ausstoß dieser Wege einzuschätzen. Danach wurden die tatsächlichen Emissionen und Kosten festgestellt und die Differenz zwischen Auto- und ÖPNV-Nutzung ausgerechnet. Wenn daraus eine Kosten- und CO2-Einsparung resultierte, bekamen die Teilnehmenden sie in Form von Brötchen vergütet.
„Beim Klimaschutz als gesamtgesellschaftlicher Aufgabe muss die Sicht der Verbraucher berücksichtigt werden. (…) Die notwendige Verkehrswende können wir nur erreichen, wenn die Bedürfnisse und Forderungen der Verbraucher in den Fokus gestellt werden.“ Norbert Röttgen, damaliger Bundesumweltminister, in seinem Grußwort bei der Eröffnung des ersten Verbraucherparlaments
Experimentell: das Verbraucherparlament
Das experimentelle „Verbraucherparlament – für mich. für dich. fürs klima.“ war als öffentliche Veranstaltung einer der Höhepunkte des Projektes. Es tagte am 11. Juni 2010 in Berlin. 150 Personen berieten einen Tag lang über klimaverträgliche Mobilitätskonzepte und stimmten über mögliche Lösungsansätze ab. Als Vorbild diente das Begegnungsformat 21st Century Town Hall Meeting: Jeweils zehn Umweltinteressierte saßen an digital vernetzten Tischen und diskutierten zentrale Herausforderungen des Themas. Ein Redaktionsteam bereitete die Ergebnisse für eine TED-Abstimmung im Gesamtparlament auf. Aus der Parlamentssitzung resultierte ein Elf-Punkte-Katalog, dessen Forderungen von attraktiverer ÖPNV-Gestaltung über Mobilitätserziehung bis zum Abbau klimaschädlicher Subventionen reichten.
Notwendig: Bildung für die Jugend
Ein weiterer wesentlicher Baustein der Kampagne waren Bildungsangebote. Für Schulen und andere Bildungseinrichtungen bot das Projekt Projekttage, Schulworkshops, Schulfeste, Plan- und Rollenspiele, eine multimediale Klimaexpedition, die Aktionswoche „Klasse Klima“ und Unterrichtseinheiten. Im Klimabildungsordner „Klimawandel verstehen – Klimaschutz erleben“ wurde eine besonders erfolgreiche Auswahl der Klimabildungskonzepte für Lehrerinnen und Lehrer und andere Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aufbereitet. Das Schulprogramm „Recyclingpapier ist gut fürs Klima“ sollte Vorurteile ausräumen und für die Verwendung der umweltfreundlichen Faser werben. Dazu passten Aktionen in der Nähe von Einkaufsstätten, bei denen das Projektteam Schulhefte und Bleistifte verteilte und mit kleinen Ausstellungen und Anschauungsmaterial für das Thema warb.
Klimabrotzeiten gegen den Treibhauseffekt
Darüber hinaus gab es auch Bildungsangebote für Verbraucherinnen und Verbraucher. Bei den sogenannten Klimabrotzeiten präsentierten Vortragende Bausteine für eine klimabewusste Ernährung. Gleichzeitig kitzelten klimafreundliche Lebensmittel die Gaumen der Zuhörenden. Dies sollte Denkanstöße geben und Lust machen auf einen Ausflug zum Biobauernhof oder zur Organisation einer eigenen Klimatafel.
Juristisch geprüft: Rahmenbedingungen für klimafreundlichen Konsum
Die Verbraucherzentralen sind die zentrale Stimme der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie setzten in diesem Projekt auch rechtliche Mittel ein, um sie vor sogenanntem Greenwashing zu schützen. Unter Greenwashing versteht man irreführende Produktaussagen mit Klimaschutzargumenten. Die Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer mahnten dieses Fehlverhalten in 300 Fällen ab, hauptsächlich in den Bereichen Autokauf und Weiße Ware. Während der Projektlaufzeit wurden zudem fünf bundesweite Marktchecks durchgeführt. Bei den Marktchecks versuchten Testpersonen, Produkte einer bestimmten Kategorie beispielsweise Recyclingpapier im Handel zu kaufen oder sich darüber zu informieren, und notierten ihre Erfahrungen. Sie prüften damit stichprobenartig, ob klimafreundliche Produktalternativen vorhanden und alle Kennzeichnungen korrekt waren. Die Verbraucherzentralen selbst führten drei Marktchecks zur Energieverbrauchskennzeichnung von PKW, zu Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen und zur Beratung zu nachhaltigen Geldanlagen durch. Zwei weitere zu den Themen Energiekennzeichnung Elektrogeräte und Kompensation von Flugreisen gaben sie extern in Auftrag. Zusätzlich gab es regionale Marktchecks einzelner Verbraucherzentralen beispielsweise zu Recyclingpapier.
Klassisch: Vorträge, Informationsveranstaltungen, Beratungen und Ausstellungen
Zusätzlich zu den innovativeren Elementen nutzte das Projekt auch die gesamte Palette der klassischen Verbraucherinformation. Eine Telefonauskunft war wochentags für alle Fragen zu klimaverträglicher Mobilität erreichbar und Ausstellungen, Informations- und Vortragsveranstaltungen deckten das breite Themenspektrum des Projektes ab – von Fahrradnutzung bis zu umweltfreundlicher Anlageberatung.
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Was sollte das Projekt erreichen?
- Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen bei privaten Haushalten erhöhen;
- Potenzial privater Haushalte bei Emissionseinsparungen in den Bereichen Mobilität, Ernährung, Konsum, Geldanlagen und Wohnen heben;
- Rahmenbedingungen für klimafreundliches Verbraucherverhalten überprüfen und irreführende Werbung unterbinden;
- wesentliche Inhalte, Kommunikationswege und Zielgruppen zur Aktivierung privater Haushalte zu Klimaschutzbemühungen identifizieren;
- Verbraucherinnen und Verbraucher zu klimaverträglicher Mobilität beraten.
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Was hat das Projekt erreicht?
- Mit insgesamt knapp 2.000 Aktionen konnten mehr als 570.000 Verbraucherinnen und Verbraucher erreicht werden. Bei 73 Einsätzen des Simulators in acht Bundesländern übten 30.430 Interessierte das Autofahren mit knappen Treibstoffmengen. 53.816 Teilnehmende informierten sich im Rahmen der 313 Brötchen-Aktionen über die Vermeidung von Kurzstrecken;
- der vzbv untersuchte 450 Fälle bei denen Unternehmen irreführende Aussagen mit Klimaschutzargumenten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Werbemitteln aufführten und erteilte in knapp 300 Fällen eine Abmahnung – in 60 Prozent der Fälle wurde bereits eine Unterlassungserklärung unterschrieben;
- insgesamt 1.809 Personen nahmen an 84 Multiplikatorenschulungen teil.
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Welche Ausstrahlung hatte das Projekt?
Die Verbraucherzentralen führten Bestandteile des Projektes als eigene Projekte weiter – beispielsweise setzte die Verbraucherzentrale Bremen im Anschluss das Projekt klimafreundliche Geldanlage um. Im Oktober 2010 kannten laut einer auf einer Repräsentativbefragung beruhen-den Hochrechnung bis zu 37 Prozent der Bundesbevölkerung ab 16 Jahren das Projekt – also bis zu 25.915.000 Bürgerinnen und Bürger.
Beitrag zum Klimaschutz
Nach Schätzungen des Öko-Instituts waren durch die Anregungen des Projektes zu klimafreundlichem Verhalten reale Emissionseinsparungen möglich, auch wenn diese in den meisten Fällen nicht direkt den Projektaktivitäten zugeordnet, sondern nur auf Basis der Verbraucherkontakte in den verschiedenen Themenbereichen abgeschätzt werden konnten. Um jährlich etwa 373.100 Tonnen CO2 könnten die Aktionen und Maßnahmen die Umwelt real entlasten, vorausgesetzt, die Impulse werden aufgenommen und im Alltag umgesetzt. Das Projekt verdeutlichte in jedem Fall: Die (aufgeklärte) Masse macht es – viele kleine Verhaltensänderungen sind gemeinsam klimawirksam.
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Checkliste der Erfolgsfaktoren
- Kommunikation und aktiven Austausch aller Beteiligten sicherstellen;
- Schulungen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren anbieten;
- Ergebnisse der Erfolgskontrollen in das laufende Projekt einfließen lassen;
- durch Pressearbeit und eine Internetseite die Sichtbarkeit des Projektes sicherstellen.
Tipps und Tricks für interessierte Institutionen
Eine geschickte Projektsteuerung und eine externe Fortschrittskontrolle sind als Erfolgsfaktoren ebenso wichtig wie die effektive Projektkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Dies gilt besonders für sehr komplexe Vorhaben.
Aktiver Austausch im Bündnis
Ein umfangreiches Projekt wie dieses kann nachhaltige Impulse nur setzen, wenn ein guter Kommunikationsfluss sichergestellt ist. Für die Projektakteurinnen und -akteure waren ein wöchentlicher elektronischer Rundbrief, die Projektfortschrittsprotokolle und das Intranet, auf das alle Bündnismitglieder Zugriff hatten, essentiell. Dadurch entstand ein hoher interner Vernetzungsgrad, der die Entwicklung der vielen Informations-, Beratungs- und Schulungskonzepte befruchtete. Gleichzeitig entstand ein Geflecht aus Kooperationen und Kontakten. Darüber hinaus erwies sich die externe Vernetzung, die Verbraucherzentralen und Verbände vorantrieben, als hilfreich. Bei Netzwerkveranstaltungen trafen sich eine Vielzahl von politischen Akteurinnen und Akteuren, Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern, Initiativen, Vereinen und Verbänden aus dem Bereich Nachhaltigkeit sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Bildungseinrichtungen und Wissenschaft. Daraus entstanden neue Netzwerke und Kooperationsprojekte.
Schulung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren
Nach dem Prinzip Train the Trainer wurden während der Projektlaufzeit zahlreiche Multiplikatorenschulungen der beteiligten Verbände und der Verbraucherzentralen durchgeführt. Ziel war es, weitere Referentinnen und Referenten zu gewinnen. Außerdem sollte das in Seminaren und Vorträgen erworbene Wissen durch Mund-zu-Mund-Propaganda weitergetragen werden. So konnten die verschiedenen Verbände eine große Bandbreite unterschiedlicher Personen sehr gezielt ansprechen.
Erfolgskontrolle
Ein Verbrauchermonitoring, in Auftrag gegeben bei einer externen Firma, stellte dem Projekt wertvolle Informationen für die Planungen in den Arbeitsgruppen zur Verfügung. Die externe Kontrolle des Projektfortschritts führte das Centrum für Evaluation (CEval) der Universität des Saarlandes durch. Es erfasste und analysierte die gesamten Projektergebnisse quantitativ sowie qualitativ. Bei der Überprüfung der Projektaktivitäten wurde der Lern- und Aufklärungseffekt als zentraler Wirkungsfaktor identifiziert. Die Wirkungsevaluation erfolgte vor allem auf Basis von persönlichen und Online-Interviews. Die Klimabrotzeiten und die Multiplikatorenschulungen erhielten besonders gute Noten in der deskriptiven Vergleichsanalyse.
Webseite und Pressearbeit
Das Projekt wurde online durch ein eigenes Internetportal abgebildet. Dort fanden Interessierte Informationen zu den vielen Aktionen und konnten sich weiterbilden und Studien herunterladen. Das Webangebot und kontinuierliche Pressearbeit trugen zusätzlich zur Bekanntheit des Projektes bei.
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