Technologiematrix Deutschland
Technologieoptionen für klimaverträgliche Großstädte 2050
Projektnehmer
Landeshauptstadt Düsseldorf
Projektlaufzeit
01.12.2009 bis
31.12.2010
Projektkontakt
info@wupperinst.org
www.duesseldorf.de/umweltamt
https://wupperinst.org/p/wi/p/s/pd/349/
Fördersumme
59.920 Euro
Förderkennzeichen
03KSE012
Förderprogramm
130-mal Systemwechsel
Städte sind für 80 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Sie können aber auch den Klimaschutz maßgeblich voranbringen. Dazu braucht es einen Wandel der urbanen Infrastruktur hin zu einem System, das wesentlich weniger Energie benötigt. Dieser Wandel setzt jedoch den Einsatz technologischer Innovationen voraus.
Auf einen Blick
Mit der Technologiematrix Deutschland erarbeitete das Wuppertal Institut im Auftrag des Umweltamtes der Stadt Düsseldorf deshalb 2009 und 2010 ein Instrument, das einen Überblick über 130 zum damaligen Zeitpunkt innovative Technologien bot und insbesondere bei der Erstellung kommunaler Klimaschutzkonzepte für Großstädte eingesetzt werden kann. Innovative und auf eine drastische Reduktion des Energieverbrauchs ausgerichtete Technologien wurden mithilfe einer Tabelle übersichtlich dargestellt und im Hinblick auf verschiedene Kriterien wie zum Beispiel CO2-Einsparung, ökonomische Aspekte, sowie Hemmnisse und Umsetzungsbedingungen bewertet. Diese Übersicht inklusive der Bewertung ermöglichte den Städten, geeignete Technologien für den Einsatz in der Strom- und Wärmeversorgung, im Verkehrswesen, bei Gebäuden, Geräten und Anlagen auszuwählen.
Die Technologiematrix Deutschland unterstützte den Handlungswillen deutscher Großstädte, die die Angebote der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) ambitioniert nutzen wollten. Die Kommune Düsseldorf beauftragte mit finanzieller Unterstützung der NKI das Wuppertal Institut, identifizierte eine Vielzahl technologischer Varianten, die mit Blick auf das Jahr 2050 eine drastische Verringerung der Energieumsätze und CO2‑Emissionen ermöglichen könnten.
Erklärtes Ziel des Projektes war es dabei auch, den kommunalen Anwendungsbezug genau im Blick zu haben. Deshalb unterstützte ein Beirat aus siebzehn weiteren Metropolen (darunter Berlin, Frankfurt und Hannover) sowie dem deutschen Städtetag die Umsetzung. Die Beiratsmitglieder, die überwiegend Angestellte der Umweltämter oder der Stadtverwaltungen waren, begleiteten und kommentierten das Vorhaben in vier beratenden Sitzungen mit ihren Erfahrungen aus der Praxis. Dadurch wurde ein weiteres Unterziel umgesetzt, nämlich die Förderung der Kooperation innerhalb des Städtetages.
Saubere Technologien für die urbane Energiewende
Das Projektteam baute auf die Ergebnisse der Vorläuferstudie „Sustainable Urban Infrastructure: Ausgabe München 2058 – Wege zur CO2-Freiheit“ auf, überarbeitete und ergänzte diese. Die Aufteilung in die vier Themenbereiche Wärme und Gebäude, strombetriebene Geräte und Anlagen, Verkehr sowie Energieinfrastruktur wurde aus der Vorgängerstudie für die Technologiematrix übernommen. Sie sind die zentralen Sektoren für die Energiewende in Großstädten. Innerhalb dieser vier Themenbereiche wurden dann einzelne Technologien genauer betrachtet: Nur Produkte oder Anwendungen, die eine Emissionseinsparung von mindestens 50 bis 60 Prozent im Vergleich zur Standardlösung aufweisen konnten, nahm das Forschungsteam auf. Technologien, die diese Werte nicht erreichten, flossen nicht in die Matrix ein, ebenso wenig wie Lösungen, die in Städten keine Anwendung finden können, wie etwa solarthermische Kraftwerke.
Die Bewertungskriterien
Das Projektteam analysierte mithilfe der Matrix insgesamt rund 130 verschiedene Technologien anhand von sechs übergeordneten Kategorien. Das Wuppertal Institut erstellte dazu jeweils ein Datenblatt mit den inhaltlichen Dimensionen.
Das oberste Bewertungskriterium war der Innovationsgrad. Dahinter stand die Frage, ob die Anwendung der Technologie zu einem ganz neuen System führen würde, wie etwa, wenn der Strombezug aus einem Versorgungsnetz durch eine Photovoltaikanlage ersetzt wird.
Weitere Kategorien waren das CO2-Einsparpotenzial und damit die Einschätzung der Relevanz, gefolgt vom Grad der Marktreife, also der Frage der zeitlichen und wirtschaftlichen Einsetzbarkeit. Unter die ökonomische Perspektive fielen auch die Rubriken erforderliches Investitionsvolumen und Lebenszykluskosten. Das Datenblatt verwies zudem auf die jeweilige Referenztechnologie. Schließlich erfolgte eine Einschätzung der Hemmnisse und der erforderlichen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Implementierung.
Schlüsselthemen im kommunalen Klimaschutz
Kommunen haben durch die Kombination von theoretischen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen im Projekt Technologiematrix Deutschland die Gewissheit, dass alle Einschätzungen und Bewertungen auf einer fundierten, umsetzungsorientierten Grundlage ruhen: Das Forschungsinstitut erstellte eine Übersicht der Technologien und glich diese dann mithilfe des Beirats im Hinblick auf den Praxisbezug ab.
Auch wenn nicht mehr alle Daten aktuell sind, so behalten die grundsätzlichen Eckpfeiler doch ihre Gültigkeit. Sie sind nach wie vor als Orientierung bei der Erstellung von Klimaschutzkonzepten nutzbar. Als entscheidenden Beitrag unterstützte der Beirat das Wuppertal Institut bei der Überarbeitung der strategisch wichtigsten Themenfelder für den klimafreundlichen Umbau der kommunalen Infrastruktur, die in ähnlicher Form schon im Vorgängerbericht enthalten waren.
Beim Themenfeld Wärme und Gebäude geht es sowohl darum, wie Wärme erzeugt wird, als auch um die Bauweise eines Passivhauses bis hin zur Altbausanierung. Bei der Betrachtung von Geräten und Anlagen werden Formen der Elektrizitätsgewinnung mit den Effizienzeffekten von Apparaturen verknüpft. Die Spannbreite reicht von bereits auf dem Massenmarkt erhältlichen Ausrüstungen bis hin zu Versuchsobjekten im Forschungsstadium. Im Verkehrssektor spielen in der Technologiematrix vor allem die unterschiedlichen emissionsarmen Antriebsarten, darunter Elektromobilität und Erdgas, eine Rolle sowie der notwendige Umstieg auf andere Fortbewegungsarten. In Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur führt die Matrix beispielsweise Technologien zur Verbesserung des Verkehrsflusses auf. Der Umbau der Energieinfrastruktur umfasst schließlich sowohl klimafreundliche Formen der Energieerzeugung als auch die Modernisierung der Netze, beispielsweise durch die digitalen Smart Grid-Technologien.
Grundlage für Potenzialstudie Düsseldorf
Die Technologiematrix war als Basiswerk beziehungsweise Entscheidungs- und Bewertungshilfe zur Erstellung von langfristigen Klimaschutzkonzepten gedacht.
Wenn die zuständigen Planerinnen und Planer beispielsweise eine Verbesserung im Gebäudesektor anstrebten, konnten sie in den einzelnen Unterkapiteln nach passenden Technologien suchen – und fanden unter anderem Informationen zur Passivhaus-Bauweise bei den Gebäudekonzepten für Neubauten. Das Wuppertal Institut selbst griff auf die Matrix zurück um ein Gutachten für die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf mit dem Titel „Szenario Düsseldorf 2050“ zu erstellen. Die übrigen beteiligten Städte hatten bis zu einem halben Jahr nach Projektende exklusiven Zugriff auf die Matrix, die auch als Online-Tool verfügbar war. Danach wurde sie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
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Was sollte das Projekt erreichen?
- Erstellung einer Übersicht innovativer Technologien zur Orientierung bei der Planung von langfristigen Klimaschutzkonzepten für Großstädte und zur Erleichterung der Auswahl geeigneter Technologien in den Sektoren Wärme, Strom, Verkehr, Energieinfrastruktur;
- Förderung der Kooperation innerhalb des Städtetages zu Klimathemen;
- Unterstützung für und durch Vorreiterstädte.
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Was hat das Projekt erreicht?
- Erstellung einer Übersicht auf Basis einer Vorgängerstudie, die innovative Technologien hinsichtlich der Tiefe und Breite ihres CO2-Einsparpotenzials sowie der Höhe der Lebenszykluskosten bewertete und zur Planung von langfristigen Klimaschutzkonzepten, insbesondere von Großstädten verwendet werden kann;
- Förderung des Austausches innerhalb des Städtetages in Bezug auf Klimathemen.
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Wie ging es weiter?
Der Bericht ist weiterhin auf der Seite des Leibniz Informationszentrums für Technik und Naturwissenschaften verfügbar: www.tib.eu. Im Jahr 2012 erstellte das Wuppertal Institut basierend auf der Matrix das Szenario Düsseldorf 2050. Der Endbericht dafür ist verfügbar auf der Seite des Wuppertal Instituts: https://wupperinst.org/p/wi/p/s/pd/394/.
Beitrag zum Klimaschutz
Als Studie kann die Technologiematrix keine direkten Emissionseinspareffekte aufweisen. Allerdings wohnt dem Projekt ein substanzielles CO2-Vermeidungspotenzial bis zum Jahr 2050 inne, wenn alle großen deutschen Städte mithilfe der Matrix besonders nachhaltige Klimaschutzkonzepte erstellen und diese auch umsetzen. Der indirekte Beitrag der Technologiematrix zum Klimaschutz besteht darin, die Willensbildung und die Entscheidungsfindung von kommunalen Akteurinnen und Akteuren hin zum Umstieg auf klimafreundliche Technologien zu fördern.
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Checkliste der Erfolgsfaktoren
- Wissenschaftlich fundierte Beschreibung und Bewertung der Technologien, gegebenenfalls über die Kooperation mit einer Forschungsinstitution;
- Einbindung von Praktikerinnen und Praktikern über einen Beirat;
- Zugänglichkeit und nutzerfreundliche Gestaltung des finalen Beratungsproduktes.
Tipps und Tricks für interessierte Institutionen
Die Technologiematrix Deutschland sollte große Städte bei der Umstellung auf klimafreundliche Technologien unterstützen. Für interessierte Kommunen wie auch für Akteurinnen und Akteure aus dem Forschungsumfeld lassen sich daraus hilfreiche Hinweise ableiten.
Wissenschaftliche Fundierung sicherstellen
Die Landeshauptstadt Düsseldorf beauftragte für das Projekt das Wuppertal Institut mit der Erstellung beziehungsweise Überarbeitung und Bewertung der Technologieübersicht. Auch in ähnlichen Projekten sollten die Organisatorinnen und Organisatoren sicherstellen, dass die Einordnung der Technologien und die Bewertung im Hinblick auf CO2-Minderungspotenziale sowie die ökonomischen Effekte von einer fachlich qualifizierten Einrichtung durchgeführt werden.
Praxisnähe garantieren
Im Projekt kooperierte das Forschungsinstitut wiederum mit ausgewiesenen Praxisfachleuten. Die Einbindung von Praktikerinnen und Praktikern über den Beirat ermöglichte eine eingehende Ergänzung und Kommentierung der Matrix. Dadurch gelang es, die Technologien, die weniger stark für den Einsatz im kommunalen Bereich geeignet waren, aus der Matrix zu nehmen. Auch bei einer Aktualisierung der Daten in einem Fortsetzungsprojekt käme es darauf an, die Bedürfnisse und Erfahrungen aus den Kommunen durch Bestellung eines vergleichbaren Expertengremiums direkt zu berücksichtigen. Auch wurden durch den Beirat notwendige Rahmenbedingungen und bestehende Hemmnisse aufgezeigt. Die jeweiligen Erfahrungen der Beiratsmitglieder bei der Einführung innovativer Technologien vor Ort lieferten wertvolle Informationen bei der Bewertung ihrer zukünftigen Chancen. Außerdem pflegten die Praktikerinnen und Praktiker gute Beispiele für die Umsetzung einzelner Technologien in die Datenbank ein.
Die Veranschaulichung möglicher zukünftiger Lösungen anhand von Vorreiterprojekten regte den Erfahrungsaustausch und die zukünftige Kooperation zwischen den beteiligten Kommunen an.
Nutzerfreundliche Gestaltung
Damit Planerinnen und Planer die Technologiematrix in ihrer Arbeit verwenden können, müssen die Informationen und Bewertungen übersichtlich und einfach zugänglich aufbereitet sein. Während der Projektlaufzeit stellte das Wuppertal Institut die Ergebnisse als Online-Tool bereit. In der noch verfügbaren Publikation sind die einzelnen Datenblätter übersichtlich aufbereitet, sie beinhaltet jedoch keine Such- oder Filterfunktion. Eine Nutzung der Daten bei der Erstellung von Klimaschutzkonzepten ist damit über das Projektende hinaus für andere Institutionen schwierig.
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