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Verbraucher aktiv - Klimakompetent Heizen; Klimakompetentes Heizen bei Mietern sowie Klimakompetenz bei Wohnungsbaugesellschaften stärken

Klimakompetentes Heizen bei Mietern sowie Klimakompetenz bei Wohnungsbaugesellschaften stärken

Projektinformationen
Projektnehmer

M.UT.Z Mobiles Umwelttechnik Zentrum e.V.

Projektlaufzeit

01.04.2012 bis
30.11.2013

Fördersumme

601.594 Euro

Förderkennzeichen

03KSF003

Der richtige Dreh

Stundenlanges Kipplüften bei aufgedrehtem Ther­mos­tat führt zu beträchtlichem, unnötigem Energie­ver­brauch. Auch eine energetisch sanierte Wohnung ist keine Garantie für verringerte CO2-Emissionen. Nur wenn Mieterinnen und Mieter ihre erneuerten Heizun­gen sachgerecht bedienen, nützt das auch dem Klima.

Auf einen Blick

Deshalb startete der Verein Mobiles Umwelttechnik Zentrum (M.UT.Z) das Projekt Verbraucher aktiv - Klimakompetent Hei­zen. Es sollte auf allge­mein­­verständliche Weise zum energieeffizienten Hei­zen und Lüften anregen. Insbesondere richtete es sich an Personen, die ihre Einsparpotenziale auch nach der Mo­der­nisierung noch nicht ausschöpfen. Um ver­än­der­te Verhaltensweisen leichter zu vermitteln und neue Ge­wohnheiten dauerhaft zu verankern, setzte das M.UT.Z auf ein neuartiges Beteiligungsverfahren. Dabei ent­wickelten Mieterinnen und Mieter gemein­sam mit Woh­nungsbaugesellschaften und Fachleuten Strate­gien für klimafreundliches Heizverhalten in großen Wohnanlagen. M.UT.Z kooperierte dazu mit drei Wohnungsbauge­sell­schaften aus verschiedenen Regionen Deutsch­lands.

Zum Start: Passende Partnerinnen und Partner und eine technische Analyse

Unter dem prägnanten Slogan „Der richtige Dreh heizen lüften sparen“ brachte das M.UT.Z die GESO­BAU AG aus dem Märkischen Viertel in Berlin, die Pro­Potsdam GmbH/GEWOBA aus Potsdam-Babelsberg und die KoWo Kommunale Wohnungsgesellschaft mbH am Wiesenhügel aus Erfurt in einem Projekt zusammen. Die ausgewählten Standorte der drei teil­neh­menden Gesellschaften waren alle frisch modernisiert und bildeten zusam­men­hängende An­lagen mit mindes­tens 100 Woh­nungen. Um sich ein technisches Bild von den unter­schiedlichen Wohn­be­dingungen zu ver­schaffen, analysierte das M.UT.Z in einem ersten Schritt Daten zum Verbrauch von Hei­zungs­wärme und Warm­was­ser, zu den Fenstern, Abluftsystemen und ähnlichem.

Das mehrstufige Beteiligungsverfahren

Hauptthema des Projektes war jedoch der alltags­prak­tische Umgang mit der energetischen Sanierung. Un­ter­stützt von der Agentur Partizip Futur lud das M.UT.Z Mieterinnen und Mieter sowie Initiativen zum offenen Erfahrungs­austausch ein. Sie diskutierten gemeinsam Themen wie Abluft­anlagen, Thermostat­einstellungen oder die nächtliche Temperaturabsen­kung. Dabei zeigte sich unter anderem, dass das richtige Heizen und Lüften von den Wohnungsbau­gesellschaften noch nicht ver­ständlich genug erläutert wurde. Außerdem blieb den meisten die Heizkosten­abrechnung unklar. Darauf aufbauend trafen sich Interessierte zu Ideen­werk­stätten und einem Planungs­workshop. Mit Hilfe der Design-Thinking-Methode entwickelten sie hier Konzepte zur Sensibili­sierung und Aktivierung aller Bewohnerinnen und Bewohner. Dazu zählten etwa die persönliche Bera­tung in einem Info-Bus und der Verleih eines Mess­koffers vor Ort. Während der anschließenden Aktions­wochen wurden die Vor­schlä­ge ausprobiert. Bei einem letzten Abschluss­work­shop bewerteten die Beteiligten die eingesetzten Methoden durchgehend positiv.

Messkoffer und Info-Bus

Hinter dem Messkoffer steckte die Idee, dass man am meisten lernt, wenn man das heimische Wohnklima selbst untersucht. Der Kasten enthielt Temperatur- und Luftfeuchtemesskarten, die die Zusammenhänge mit dem eigenen Heiz- und Lüftungsverhalten verdeut­lichten. Die Übergabe des Messkoffers war gleichzeitig als Schulungs- und Fachberatungssituation konzipiert.

In der ersten Runde wurde er von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von M.UT.Z und den Wohnungs­bau­ge­sellschaften an interessierte Mieterinnen und Mieter ausgegeben. Die Übergabe wurde von den Wohnungs­bau­gesell­schaften organi­siert. 89 Personen nahmen an der Aktion teil. Später wurde der Koffer an andere Mieterinnen und Mieter weitergegeben, was Gelegen­heiten zum Kennenlernen und zum Nachbarschaft­lichen Austausch bot.

Die Info-Busse vor Ort in Berlin und Erfurt waren rollende Beispielobjekte ausgestattet mit Hei­zungs­modellen und Fensterattrappen. Der Mess­koffer kam hier zum ersten Mal zum Einsatz. Interessierte konnten sich in gemütlicher Atmosphäre anschaulich und interaktiv mittels Quiz und Touchscreen schlau­machen und jede Menge Infomaterial mitnehmen. In jeweils knapp eineinhalb Wochen schauten mehrere hundert Besucherinnen und Besucher vorbei.

Zusätzliche Maßnahmen

Das M.UT.Z verschaffte dem Projekt breite Bekannt­heit durch umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit sowie eine intensiv gepflegte Webseite, auf der alle erfolgten Einzelschritte dokumentiert wurden. Durch einen Comic und ein interkulturelles Frühstück mit mehr­sprachiger Beratung wurden auch Menschen erreicht, die kaum Deutsch verstehen.

„Die Mieter modernisierter Wohnungen tragen durch ihr Nutzerverhalten wesentlich dazu bei, dass die Einsparziele erreicht werden.“  M.UT.Z-Projektleiterin Corinna Müller

Außerdem ent­standen auf Wunsch von Mieterinnen und Mietern aus Erfurt ein Mieterbrief sowie eine Schulaktion mit einer eigens für Grundschülerinnen und -schüler entwickel­ten Unterrichtseinheit.

Zum Projektabschluss verfasste das M.UT.Z die Broschüre „Richtiges Heizen und Lüften durch Mieterbeteiligung – Anregungen für Wohnungs­unternehmen“. Darin wurden die erworbenen Erfah­rungen und das gesammelte Wissen aus dem Projekt noch einmal für weitere interessierte Wohnungs­unternehmen zusammen­gefasst und aufbereitet.

  • Was sollte das Projekt erreichen?

    • Effektive Strategien zum richtigen Heizen und Lüften sollten gemeinsam mit Mieterinnen, Mietern, Betroffenen und Wohnungsbaugesellschaften entwickelt werden;
    • der Wissensstand bei Mieterinnen und Mietern, Betroffenen sowie den Wohnungsbaugesellschaften sollte erweitert werden;
    • insbesondere Mieterinnen und Mieter sollten zum richtigen Lüften und Heizen sensibilisiert, motiviert und befähigt werden.
  • Was hat das Projekt erreicht?

    • Ein Planungsworkshop und Ideenwerkstätten wurden umgesetzt;
    • 324 Personen nahmen an den Werkstätten, Fokusgruppen und Aktionen teil und setzten sich so aktiv mit dem Thema Lüften und Heizen auseinander;
    • 6.891 Mieterinnen und Mieter wurden informiert und sensibilisiert;
    • 760 Personen besuchten den Info-Bus.
  • Wie ging es weiter?

    Informationen zum Projekt und die Materialien, wie zum Beispiel die Broschüre „Richtiges Heizen durch Mieterbeteiligung – Anregungen für Wohnungsbauunternehmen“ sind auf der Projektseite www.heizenlueftensparen.de verfügbar.

Beitrag zum Klimaschutz

Insgesamt 324 Personen nahmen direkt an den Werk­stätten, Fokusgruppen und Aktionen des Projekts teil und beschäf­tigten sich intensiv mit dem Thema Lüften und Hei­zen. Sie konnten im Nachgang zu den Veran­staltungen ihre Erkenntnisse und Ideen in ihr Wohn­gebiet hinein­tragen. Außerdem wur­den 6.891 Mieter­innen und Mieter für den Zusam­men­hang von Heizen, Lüften und Energiesparen sensi­bilisiert. Dazu zählen 3.463 mehrfach angeschriebene Haus­halte, 760 Info-Bus-Besucher­innen und Besucher so­wie die Teilneh­mer­innen und Teilnehmer einer Mieter­befragung und eines Stadtteilfests in Erfurt. Auch die vielen Men­schen, die die GESOBAU Facebook­seite „geliked“ haben (derzeit etwa 4.100), wurden dort regel­mäßig über die Aktionen informiert.

Gesehen wurden die Angebote von „Der richtige Dreh“ aber vermutlich noch viel häufi­ger, da allein die GESOBAU 100.000 Menschen ein Zuhause bietet. Daraus lassen sich geschätzte 124.700 Tonnen einge­spartes CO2 ableiten.

  • Checkliste der Erfolgsfaktoren

    • Ein klares Kommunikationskonzept vorab erarbeiten – einfach, direkt, multilingual;
    • bei der Entwicklung von Werkzeugen und Strategien die betroffenen Menschen von Anfang an einbinden;
    • Adressatinnen und Adressaten möglichst vor Ort persönlich ansprechen und beraten;
    • Gelegenheiten und Möglichkeiten zum Ausprobieren und der praktischen Anwendung schaffen;
    • bewährte Instrumente wie den Messkoffer und die Messkarten nutzen.

Tipps und Tricks für interessierte Institutionen

Der richtige Dreh zeigte, dass Wohnungsbau­gesell­schaften ihre Kommunikationsmittel zum richtigen Heizen und Lüften nicht auf Printprodukte beschrän­ken sollten. Je mehr Informationskanäle für die Aufklärung genutzt werden, desto besser.

Mit klarem Kommunikationskonzept auf Mieterinnen und Mieter zugehen

Bereits vor Beginn von Modernisierungsmaßnahmen sollten Wohnungsbaugesellschaften ein klares und umfassendes Kommunikationskonzept haben. Die Informa­tionen sollten einfach und ver­ständ­lich aufbereitet sein. Dazu gehören Illustrationselemente und ein erzähle­rischer Stil. Neben Broschüren und Flyern ist von Anfang an der aktive Dialog mit den Betroffenen wichtig. Die Information und Kommuni­ka­tion sollten multilingual sein, um auch die Menschen zu erreichen, die kaum Deutsch verstehen.

Betroffene von Anfang an beteiligen

Idealerweise steht am Beginn der Sanierung eine In­for­mationsveranstaltung im Mitmach-Stil.

Während der Kundgebung sollten die Wohnungs­baugesellschaf­ten Beteiligungsmethoden vor­stellen und ansatzweise erproben. Eine erste kleine Arbeits­phase kann den Dialog der Mieter­innen und Mieter untereinander über ihre Erfahrun­gen, Hoffnungen und Ängste bei der Mo­dernisierung anregen. In der Regel bildet sich schnell ein Kern von Betroffenen, der auch über länge­re Zeit hinweg zu­sam­menarbeitet. Denkbar ist an die­ser Stelle auch die Ein­bindung einer kompetenten Ansprech­per­son in die Sanierungs­maßnahme, an die sich Mie­ter­innen und Mieter wenden können.

Verhaltensänderungen durch Erfahrungsaustausch in Gang setzen

Durch das direkte Gespräch gelingt es sehr viel ein­facher und effektiver, die erforderlichen Verhaltens­änderungen tatsächlich zu initiieren. Beim Thema Heizen und Lüften erreichen Beteiligungs­for­mate mehr als einfache Fragebögen – am hilfreichsten ist häufig der Erfah­rungs­austausch der Mieterinnen und Mieter unter­ein­ander. Damit werden zwei Ziele gleich­zeitig erreicht: eine gute Nach­barschaft und die Ver­breitung klimakompetenter Verhaltensweisen.

Mieterfeste und Veranstaltungen nutzen

Eine gute Gelegenheit, die Themen Lüften und Heizen breit zu kommunizieren, bieten Mieterfeste oder ähn­liche Veranstaltungen. Konkrete Einspar­möglichkeiten eignen sich gut als Anknüpfungs­punkte im Gespräch. Mieterinnen und Mietern sollten Stra­tegien für das eigene Handeln aufgezeigt werden. So wird klima­freundliches Verhalten in den eigenen vier Wänden leicht umsetzbar.

Der Info-Bus für große Wohnanlagen

Der Einsatz des Info-Busses lohnt sich, wenn viele Menschen gleichzeitig erreicht werden sollen. Er fällt sofort auf, kann medienwirksam beworben wer­den und vermittelt Informationen lebendig und anschau­lich. Damit eignet er sich auch besonders gut für den Anschauungsunterricht in Schulklassen.

Die Erfahrung zeigt, dass Mieterinnen und Mieter bei den Themen Heizen und Lüften sehr viele Fragen ha­ben. Dazu zählen beispielsweise: „Warum ist der Heiz­körper oben warm und unten kalt?“ „Was bedeu­ten die Zahlen auf dem Heizkosten­verteiler?“ „Warum ist die Lüftungs­anlage so stark eingestellt?“ Fragen wie diese können die Betreuer­innen und Betreuer mithilfe der Ausstellungsstücke im Bus gut und direkt erläutern.

Energieverbrauch erfahrbar machen

Der Messkoffer kann von aktiven Kleingrup­pen von Mieterinnen und Mietern in einer Wohn­an­la­ge genutzt werden, die ihr Wohnklima selbst kennenlernen und kon­trol­lie­ren wollen. Das Instrument kann bei einem Mieterfest, einer Informationsveranstaltung oder über den Info-Bus initial beworben werden.

Die erste Über­gabe erfolgte im Projekt durch geschul­tes Personal der Wohnungsbaugesellschaft. Das hat sich bewährt. Danach kann der Koffer reihum von einer Mietergruppe an die nächste weitergegeben werden. Bei der Über­gabe er­halten die Neuen eine fachliche Betreuung durch die bereits Eingeübten. So können nachhaltige Verhaltens­änderungen aus persönlicher Überzeugung erreicht werden.

Besonders die im Koffer enthaltende Mess­karte be­währ­te sich. Mithilfe eines Thermometers und eines Hydrometers zeigt die Karte auf einer Farbskala die Luftfeuchtigkeit und Temperatur im Raum an. So wis­sen Nutzerinnen und Nutzer genau, wann sie lüften sollten. Das Instrument im Scheck­kartenformat visua­lisiert somit einfach und ver­ständlich persönliche Verbrauchswerte und liefert auf diese Weise sofort eine Rückmeldung zum Verhalten. Aufgrund der preis­werten Pro­duk­tions­kosten kann schnell eine hohe Stückzahl der Karten produziert und verteilt werden.

Weiterführende Informationen